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Brettspiele sind gespickt mit Zeichen, so auch im folgenden Artikel über '''die Vielfalt der Zeichen im Brettspiel ''e-Mission''''', das sich mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigt. Allerdings handelt es sich auch bei diesen Zeichen um ein System, welches zuerst erlernt werden muss. Dieses Erlernen dient nicht nur dem Zweck, das Spiel spielen zu können, sondern sorgt dafür, Wissenskommunikation über den Klimawandel durchzuführen.
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Dieser Beitrag analysiert '''die Vielfalt der Zeichen im Brettspiel ''e-Mission''''', das sich mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigt. Bei diesen Zeichen handelt es sich um ein System, welches zuerst erlernt werden muss. Dieses Erlernen dient nicht nur dem Zweck, das Spiel spielen zu können, sondern sorgt auch dafür, Wissenskommunikation über den Klimawandel durchzuführen.
  
 
== Theoretische Grundlagen ==
 
== Theoretische Grundlagen ==
  
Um visuelle Zeichen in Brettspielen zu analysieren, ist es erforderlich, sich mit der Semiotik zu beschäftigen – der Lehre von Zeichen und ihrer Bedeutung.<ref>Kjørup, Søren (2009): ''Semiotik''. Paderborn: Fink. S. 7; Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22.</ref> Diese Bedeutung macht einen Interpretanten erforderlich, der einem Zeichen die Bedeutung zumisst.<ref>Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22.</ref> Dabei gelten neben sprachlichen Zeichen auch Bilder, Symbole und visuelle Darstellungen als bedeutungstragende Zeichenformen.<ref>Böhm, Felix (2021): ''Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe''. Diss. Universität Kassel. Tübingen: Stauffenburg. S. 90f.</ref> Charles Sanders Peirce, einer der Begründer der modernen Semiotik, teilt Zeichen in eine Trias aus ''Index'', ''Ikon'' und ''Symbol''. Ein Index ist ein Zeichen, welches kausale Verbindungen zu einem Objekt aufweist und darauf hinweist.<ref>Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22–24.</ref> In einem Beispiel aus der Natur lässt sich Schnee als Anzeichen für Kälte beschreiben und das Blühen von Schneeglöckchen zeigt ein Ende des Winters an. Ein Ikon hingegen ist ein Zeichen, das aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Dargestellten wirkt. Ein Bild eines Löwen könnte beispielsweise auf einer Ebene ein Bild exakt dieses einen Löwen darstellen, aber auch genauso als visuelle Referenz für die gesamte Tierart ''Löwe'' stehen.<ref>Vgl. Kjørup, Søren (2009): ''Semiotik''. Paderborn: Fink. S. 50.</ref>  Bei den Symbolen im semiotischen Sinne handelt es sich um Zeichen, die aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen entstanden sind und keine kausale oder auf Ähnlichkeit beruhende Verbindung zum Bezeichneten aufweisen.<ref>Vgl. Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 25f.</ref>
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Um visuelle Zeichen in Brettspielen analysieren zu können, ist es zunächst erforderlich, sich mit der Semiotik zu beschäftigen – der Lehre von Zeichen und ihrer Bedeutung.<ref>Kjørup, Søren (2009): ''Semiotik''. Paderborn: Fink. S. 7; Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22.</ref> Als bedeutungstragende Zeichenformen gelten neben sprachlichen Zeichen auch Bilder, Symbole und visuelle Darstellungen.<ref>Böhm, Felix (2021): ''Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe''. Diss. Universität Kassel. Tübingen: Stauffenburg. S. 90f.</ref> Bedeutung erhalten solche Zeichen durch einen Interpretanten, der einem Zeichen die Bedeutung zumisst.<ref>Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22.</ref>
  
Ein Beispiel für ein Symbol ist die Friedenstaube. Die Bestandteile „Frieden“ und „Taube“ weisen keinerlei Korrelation auf. Dadurch setzen Symbole ein Vorwissen über ihre Bedeutung voraus – ohne dieses ist eine Fehlinterpretation möglich.<ref>Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 26.</ref> Einen Sonderfall stellt das ''Piktogramm'', ein metonymisches Ikon, dar. Es verweist auf etwas anderes als das Dargestellte – z. B. steht ein stilisiertes Männchen auf einer Toilettentür nicht für das Bild an sich, sondern weist auf die Benutzergruppe hin.<ref>Vgl. Kjørup, Søren (2009): ''Semiotik''. Paderborn: Fink. S. 59f.</ref> Kontext- und kulturelles Wissen sind bei Piktogrammen essenziell.
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Charles Sanders Peirce, einer der Begründer der modernen Semiotik, teilt Zeichen in eine Trias aus ''Index'', ''Ikon'' und ''Symbol''. Ein Index ist ein Zeichen, welches kausale Verbindungen zu einem Objekt aufweist und darauf hinweist.<ref>Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22–24.</ref> Schnee lässt sich z.B. als Anzeichen für Kälte beschreiben und das Blühen von Schneeglöckchen zeigt ein Ende des Winters an. Ein Ikon hingegen ist ein Zeichen, das aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Dargestellten wirkt. Ein Bild eines Löwen könnte beispielsweise auf einer Ebene ein Bild exakt dieses einen Löwen darstellen, aber auch genauso als visuelle Referenz für die gesamte Tierart ''Löwe'' stehen.<ref>Vgl. Kjørup, Søren (2009): ''Semiotik''. Paderborn: Fink. S. 50.</ref> Bei den Symbolen im semiotischen Sinne handelt es sich um Zeichen, die aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen entstanden sind und keine kausale oder auf Ähnlichkeit beruhende Verbindung zum Bezeichneten aufweisen.<ref>Vgl. Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 25f.</ref>
  
Neben den einzelnen Zeichentypen können auch Farben Teil der Wissenskommunikation sein sowie einem schnelleren Erfassen der Zeichensprache innerhalb von Brettspielen dienen. Während die Farbe Grün auf die Natur (Blätter, Gras) verweist, signalisiert Blau beispielsweise Himmel und Wasser.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 117.</ref> Außerdem gibt es Farben, die aus der Natur gewonnen wurden, wie Schwarz aus der Holzkohle, und somit darauf verweisen.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 117.</ref> Dadurch, dass Farben Ähnlichkeiten zu diesen natürlichen Elementen aufweisen, kann man ihnen zudem auch einen ikonischen Charakter zumessen. Eine weitere wichtige Funktion von Farben ist die Strukturierung und Differenzierung von Informationen.<ref>van Leeuwen, Theo (2011): ''The language of colour. An introduction''. London: Routledge. S. 92f.</ref>
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Ein Beispiel für ein Symbol ist die Friedenstaube. Die Bestandteile „Frieden“ und „Taube“ weisen keinerlei Korrelation auf. Dadurch setzen Symbole ein Vorwissen über ihre Bedeutung voraus – ohne dieses ist eine Fehlinterpretation möglich.<ref>Ort, Nina (2024): ''Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung''. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 26.</ref> Einen Sonderfall stellt das ''Piktogramm'', ein metonymisches Ikon, dar. Es verweist auf etwas anderes als das Dargestellte – z. B. steht ein stilisiertes Männchen auf einer Toilettentür nicht für das Bild an sich, sondern weist auf die BenutzerInnengruppe hin.<ref>Vgl. Kjørup, Søren (2009): ''Semiotik''. Paderborn: Fink. S. 59f.</ref> Kontext- und kulturelles Wissen sind für das Verständnis von Piktogrammen essenziell.
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Neben den genannten Zeichentypen können auch Farben Zeichencharakter haben. In diesen Fällen machen sie nicht nur einen bedeutungstragenden Teil der Wissenskommunikation aus, sondern tragen auch zur Strukturierung und Differenzierung von Informationen bei und unterstützen dadurch die schnellere Erfassung der Zeichensprache innerhalb von Brettspielen.<ref>van Leeuwen, Theo (2011): ''The language of colour. An introduction''. London: Routledge. S. 92f.</ref> Während die Farbe Grün auf die Natur (Blätter, Gras) verweist, signalisiert Blau beispielsweise Himmel und Wasser.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 117.</ref> Außerdem gibt es Farben, die aus der Natur gewonnen wurden, wie Schwarz aus der Holzkohle, und somit darauf verweisen können.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 117.</ref> Dadurch, dass Farben Ähnlichkeiten zu diesen natürlichen Elementen aufweisen, kann man ihnen zudem auch einen ikonischen Charakter zumessen.
  
 
== Analyse des Brettspiels ''e-Mission'' ==
 
== Analyse des Brettspiels ''e-Mission'' ==
  
In ''e-Mission'', dem hier analysierten „Kennerspiel 2024“, nehmen sich die Spielenden des Kampfes gegen den Klimawandel an. Dabei übernehmen sie die Rolle einer ausgewählten Weltmacht und sollen so die globale Erderwärmung aufhalten.<ref>Leacock, Matt; Menapace, Matteo (2023): ''e-Mission'': Schmidt Spiele.</ref> Das Spiel besteht aus verschiedenen Spielkomponenten: Spielplan, Tableaus, diverse Kartenarten (Projektkarten, Krisenkarten, Startkarten etc.) sowie Marker und Plättchen.<ref>Leacock, Matt; Menapace, Matteo (2023): ''e-Mission'': Schmidt Spiele.</ref> Im Folgenden werden die visuellen Zeichen auf den Karten, welche die Vielfalt der Zeichen im Brettspiel ''e-Mission'' widerspiegeln, analysiert. Dazu wird auf die Kategorisierung der Zeichen nach Charles S. Peirce (Index, Ikon, Symbol) sowie eine Analyse der Farben zurückgegriffen. Aus Gründen des Umfangs werden fortlaufend nur die sogenannten „Symbole“, „Emissionsplättchen“ und „Energieplättchen“ untersucht. Zur Unterscheidung der Symbole im Peirce’schen Sinne wird die Spielkategorie „Symbole“ fortan als ''Spielsymbole'' bezeichnet.
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In ''e-Mission'', dem hier analysierten „Kennerspiel 2024“, nehmen sich die Spielenden des Kampfes gegen den Klimawandel an. Dabei übernehmen sie die Rolle einer ausgewählten Weltmacht und sollen so die globale Erderwärmung aufhalten.<ref>Leacock, Matt; Menapace, Matteo (2023): ''e-Mission'': Schmidt Spiele.</ref> Das Spiel besteht aus verschiedenen Spielkomponenten: Spielplan, Tableaus, diverse Kartenarten (Projektkarten, Krisenkarten, Startkarten etc.) sowie Marker und Plättchen.<ref>Leacock, Matt; Menapace, Matteo (2023): ''e-Mission'': Schmidt Spiele.</ref> Im Folgenden werden die vielfältigen visuellen Zeichen auf den Karten analysiert. Dazu wird auf die Kategorisierung der Zeichen nach Charles S. Peirce (Index, Ikon, Symbol) sowie eine Analyse der Farben zurückgegriffen. Aus Gründen des Umfangs werden fortlaufend nur die sogenannten „Symbole“, „Emissionsplättchen“ und „Energieplättchen“ untersucht. Zur Unterscheidung der Symbole im Peirce’schen Sinne wird die Spielkategorie „Symbole“ fortan als ''Spielsymbole'' bezeichnet.
  
 
== Die Spielsymbole bei ''e-Mission'' ==
 
== Die Spielsymbole bei ''e-Mission'' ==
  
Aus Gründen des Umfangs werden fortlaufend nur die sogenannten „Symbole“, „Emissionsplättchen“ und „Energieplättchen“ untersucht. Zur Unterscheidung der Symbole im Peirce’schen Sinne wird die Spielkategorie „Symbole“ fortan als ''Spielsymbole'' bezeichnet. Auf den Projektkarten des Spiels sind die visuellen Zeichen in der oberen rechten Ecke markant (siehe Abbildung 1). [[Datei:Projektkarte beschriftet.jpg|mini|Abbildung 1: Projektkarte ''e-Mission'' (Scan der Projektkarte und visuelle Ergänzung in Schwarz durch Jörn Helwig).]] Das grün umrahmte visuelle Zeichen zeigt ein Stromkabel, welches ebenso in der beigefügten Legendenkarte (siehe Abbildung 2) – dort versehen mit der Beschreibung „Energie“ – zu finden ist (Abb. 2, S1). [[Datei:Legendenkarte beschriftet.jpg|mini|Abbildung 2: Legendenkarte ''e-Mission'' (Scan der Legendenkarte und visuelle Ergänzung in Schwarz durch Jörn Helwig).]] Dieses Spielsymbol kann als indexikalisches Zeichen aufgefasst werden, da das Stromkabel ein Indikator für den Stromfluss ist und somit auf die Energie hinweist. Des Weiteren weisen das visuelle Zeichen eines Stromkabels und das Wort „Energie“ Zusammenhänge auf, die sich auch im Sprachlichen durch das Synonym „Strom“ für „Energie“ wiederfinden. Ähnlich verhält es sich beim visuellen Zeichen für das „Stromnetz“, welches, obwohl es einen Strommasten zeigt, nicht auf diesen Strommasten, sondern, wie die Legende erklärt, auf das gesamte Stromnetz hinweist (Abb. 2, S2).
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Auf den Projektkarten des Spiels sind die visuellen Zeichen in der oberen rechten Ecke markant (siehe Abbildung 1). [[Datei:Projektkarte beschriftet.jpg|mini|Abbildung 1: Projektkarte ''e-Mission'' (Scan der Projektkarte und visuelle Ergänzung in Schwarz durch Jörn Helwig).]] Das grün umrahmte visuelle Zeichen zeigt ein Stromkabel mit Stecker, welches ebenso in der beigefügten Legendenkarte (siehe Abbildung 2) – dort versehen mit der Beschreibung „Energie“ – zu finden ist (Abb. 2, S1). [[Datei:Legendenkarte beschriftet.jpg|mini|Abbildung 2: Legendenkarte ''e-Mission'' (Scan der Legendenkarte und visuelle Ergänzung in Schwarz durch Jörn Helwig).]] Dieses Spielsymbol kann als indexikalisches Zeichen aufgefasst werden, da das Stromkabel mit Stecker ein Indikator für den Stromfluss ist und somit auf die Energie hinweist. Des Weiteren weisen das visuelle Zeichen eines Stromkabels und das Wort „Energie“ Zusammenhänge auf, die sich auch im Sprachlichen durch das Synonym „Strom“ für „Energie“ wiederfinden. Ähnlich verhält es sich beim visuellen Zeichen für das „Stromnetz“, welches, obwohl es einen Strommasten zeigt, nicht auf diesen Strommasten, sondern, wie die Legende erklärt, auf das gesamte Stromnetz verweist (Abb. 2, S2).
  
Abweichend gestaltet sich dies beim visuellen Zeichen für „Geld“ in ''e-Mission'' (Abb. 2, S6). Obwohl die abgebildeten Geldstücke – aufgrund fehlender (Wert-)Prägungen – nicht exakt wie echte Münzen aussehen, ist ihnen eine visuelle Ähnlichkeit, durch die Stapelbarkeit sowie eine Art Dollarzeichen, zu Geld nicht abzusprechen. Die Analyse offenbart ein weiteres Spielsymbol, das im wissenschaftlichen Sinne nicht als Symbol gezählt wird. Somit scheint es sich bei dem im Spiel ''e-Mission'' verwendeten Symbolbegriff eher um einen weit gefassten Begriff zu handeln, bei dem Zeichen synonym mit dem Begriff „Symbol“ verwendet werden.<ref>Nöth, Winfried (2000): ''Handbuch der Semiotik''. 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler. S. 178.</ref>
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Abweichend gestaltet sich dies beim visuellen Zeichen für „Geld“ in ''e-Mission'' (Abb. 2, S6). Obwohl die abgebildeten Geldstücke – aufgrund fehlender (Wert-)Prägungen – nicht exakt wie echte Münzen aussehen, ist ihnen durch die Stapelbarkeit sowie eine Art Dollarzeichen eine visuelle Ähnlichkeit zu Geld nicht abzusprechen. Hierbei handelt es sich also um ein weiteres Spielsymbol, das im wissenschaftlichen Sinne nicht als Symbol gelten kann.<ref>Vgl. Nöth, Winfried (2000): ''Handbuch der Semiotik''. 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler. S. 178.</ref>
  
Das Spielsymbol zu „Innovation“ ist hingegen eindeutig als Symbol zu deuten, da die Darstellung auf eine konventionale Idee verweist, eine Glühbirne als Sinnbild für Ideen und Erfindungen zu verwenden (Abb. 2, S7). Allerdings lässt die Musterhaftigkeit der anderen Spielsymbole ohne die Beschreibung nicht zwingend zuerst an Innovation denken. Das bereits beschriebene Stromkabel befindet sich beispielsweise im selben lexikalischen Feld (Elektrizität) wie die Energie.<ref>Vgl. Lutzeier, Peter Rolf (1995): ''Lexikalische Felder - was sie waren, was sie sind und was sie sein könnten''. In: Gisela Harras (Hrsg.): Die Ordnung der Wörter. Kognitive und Lexikalische Strukturen. Berlin: De Gruyter (Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache, 1993), S. 4–29. S. 15f.</ref> Eine Glühbirne bewegt sich aber aufgrund des aktuellen Forschungsstands nicht mehr innerhalb der thematischen Rahmung „Innovation“.
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Das Spielsymbol zu „Innovation“ ist hingegen eindeutig als Symbol zu deuten, da die Darstellung auf eine konventionale Idee verweist, eine Glühbirne als Sinnbild für Ideen und Erfindungen zu verwenden (Abb. 2, S7). Allerdings lässt die Musterhaftigkeit der anderen Spielsymbole ohne die Beschreibung nicht zwingend zuerst an Innovation denken. Das bereits beschriebene Stromkabel mit Stecker befindet sich beispielsweise im selben lexikalischen Feld (Elektrizität) wie die Energie.<ref>Vgl. Lutzeier, Peter Rolf (1995): ''Lexikalische Felder - was sie waren, was sie sind und was sie sein könnten''. In: Gisela Harras (Hrsg.): Die Ordnung der Wörter. Kognitive und Lexikalische Strukturen. Berlin: De Gruyter (Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache, 1993), S. 4–29. S. 15f.</ref> Eine Glühbirne bewegt sich aber aufgrund des aktuellen Forschungsstands nicht mehr innerhalb der thematischen Rahmung „Innovation“.
  
 
Unklarheiten weist das Spielsymbol „Pflanze“ auf, denn während Energie, Geld und Innovation als Bedingungen für klimafreundliches Handeln stehen, kann dieses Zeichen auf verschiedene Art und Weise interpretiert werden (Abb. 2, S5). Während die Pflanze als ikonisches Zeichen dargestellt wird, ist das visuelle Zeichen semantisch mehrdeutig und kann sowohl als konkrete Pflanze wie auch als im Imperativ gestellte Aufforderung zum Handeln interpretiert werden. Das Spielsymbol bleibt uneindeutig.
 
Unklarheiten weist das Spielsymbol „Pflanze“ auf, denn während Energie, Geld und Innovation als Bedingungen für klimafreundliches Handeln stehen, kann dieses Zeichen auf verschiedene Art und Weise interpretiert werden (Abb. 2, S5). Während die Pflanze als ikonisches Zeichen dargestellt wird, ist das visuelle Zeichen semantisch mehrdeutig und kann sowohl als konkrete Pflanze wie auch als im Imperativ gestellte Aufforderung zum Handeln interpretiert werden. Das Spielsymbol bleibt uneindeutig.
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== Die Plättchen und die Farbcodierung bei ''e-Mission'' ==
 
== Die Plättchen und die Farbcodierung bei ''e-Mission'' ==
  
Ein weiteres Spielmaterial des Spiels ''e-Mission'' sind die Emissionsplättchen (Abb. 2, E1). Bei allen Zeichen, die auf diesen Plättchen verwendet werden, handelt es sich um Indizes. Sie weisen durch einfache Bilder (z. B. Mülltonne, Auto, Bohrturm) auf abstrakte Konzepte wie Müll, Verkehr oder fossile Energiequellen hin. Bis auf den Bohrturm, der nicht pars pro toto für das Erdöl steht, bilden alle Emissionsplättchen einen Teil der Gesamtheit ab. Auffällig ist die Farbe Anthrazit, die alle Emissionen darstellen soll. Dies weckt Assoziationen zu Steinkohle, Rauch oder Erdöl und reproduziert somit negative Konnotationen.
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Ein weiteres Spielmaterial des Spiels ''e-Mission'' sind die Emissionsplättchen (Abb. 2, E1). Bei allen Zeichen, die auf diesen Plättchen verwendet werden, handelt es sich um Indizes. Sie weisen durch einfache Bilder (z. B. Mülltonne, Auto, Bohrturm) auf abstrakte Konzepte wie Müll, Verkehr oder fossile Energiequellen hin. Bis auf den Bohrturm, der nicht pars pro toto für das Erdöl steht, bilden alle Emissionsplättchen einen Teil der Gesamtheit ab. Auffällig ist die Farbe Anthrazit, die alle Emissionen darstellen soll. Dies weckt Assoziationen zu Steinkohle, Rauch oder Erdöl und reproduziert somit vor dem Hintergrund des Klimawandels negative Konnotationen.
  
Aber nicht nur bei den Emissionsplättchen, sondern auch bei den Energieplättchen findet man die Farbe Anthrazit wieder. Allerdings ist diese nur auf einer Seite zu finden, die andere ist grün gefärbt. In ''e-Mission'' bezeichnet die grüne Seite „Saubere Energie“ (Abb. 2, E3) und die anthrazitfarbene Seite „Schmutzige Energie“ (Abb. 2, E2). Eine interessante klimawandelthematische Rahmung, bezogen auf die Emissionsplättchen, die komplett in Anthrazit gekennzeichnet sind.<ref>Vgl. Gardt, Andreas (2012): ''Textsemantik. Methoden der Bedeutungserschließung''. In: Jochen A. Bär und Marcus Müller (Hrsg.): Geschichte der Sprache - Sprache der Geschichte. Probleme und Perspektiven der historischen Sprachwissenschaft des Deutschen. Oskar Reichmann zum 75. Geburtstag. Berlin: Akademie-Verlag (Lingua Historica Germanica, 3), S. 60–83. S. 73f.</ref> Sie lassen sich somit farblich als ebenso „schmutzig“ darstellen, obwohl nur eines der Plättchen, nämlich „Müll“, tatsächlich ein Synonym für Schmutz darstellt. Die grüne Seite des Energieplättchens wird als „sauber“ beschrieben. Diese Verbindung der „sauberen“ grünen Farbe ist dadurch markiert, dass keine CO<sub>2</sub>-Emissionen mehr ausgeschieden werden. Die Wahl der grünen Farbe verweist dabei auf den Kontrast der anthrazitfarbenen „schmutzigen Energie“ zum Grün, das für Blätter sowie neues Leben aufgrund von Photosynthese steht.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.</ref>
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Aber nicht nur bei den Emissionsplättchen, sondern auch bei den Energieplättchen findet man die Farbe Anthrazit wieder. Allerdings ist diese nur auf einer Seite zu finden, die andere ist grün gefärbt. In ''e-Mission'' bezeichnet die grüne Seite „Saubere Energie“ (Abb. 2, E3) und die anthrazitfarbene Seite „Schmutzige Energie“ (Abb. 2, E2). Eine interessante klimawandelthematische Rahmung, bezogen auf die Emissionsplättchen, die komplett in Anthrazit gekennzeichnet sind.<ref>Vgl. Gardt, Andreas (2012): ''Textsemantik. Methoden der Bedeutungserschließung''. In: Jochen A. Bär und Marcus Müller (Hrsg.): Geschichte der Sprache - Sprache der Geschichte. Probleme und Perspektiven der historischen Sprachwissenschaft des Deutschen. Oskar Reichmann zum 75. Geburtstag. Berlin: Akademie-Verlag (Lingua Historica Germanica, 3), S. 60–83. S. 73f.</ref> Sie lassen sich somit farblich als ebenso „schmutzig“ darstellen, obwohl nur eines der Plättchen, nämlich „Müll“, tatsächlich ein Synonym für Schmutz darstellt. Die grüne Seite des Energieplättchens wird als „sauber“ beschrieben. Diese Verbindung mit der „sauberen“ grünen Farbe wird im Spiel dadurch erzeugt, dass die grüne Seite anzeigt, dass keine CO<sub>2</sub>-Emissionen mehr ausgeschieden werden. Die Wahl der grünen Farbe verweist, ganz gleich wessen Ursprungs die Energie tatsächlich ist, auf den Kontrast der anthrazitfarbenen „schmutzigen Energie“ zum Grün, das für Blätter sowie neues Leben aufgrund von Photosynthese steht.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.</ref>
  
Die weitere Farbcodierung der Zeichen auf unterschiedlichstem Spielmaterial in ''e-Mission'' dient also nicht nur der Unterscheidung, sondern auch der Bedeutungszuschreibung. Das für die „Windkraft“ genutzte Blau hat beispielsweise einen Bezug zum Himmel, der bildhaft den Hintergrund des Index bildet.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.</ref> Des Weiteren steht die Farbe ebenso für das Wasser, wo sich viele Windräder in Offshore-Windparks befinden.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.</ref> Grün (Energie, Pflanze), Gelb (Solar), Blau (Windkraft, Stromnetz) und Gold/Silber (Geld, Geo-Engineering) entsprechen häufig natürlichen oder kulturell geprägten Farbkonventionen. Allerdings sind nicht alle Farbcodierungen auf eine evolutionäre Verbindung zurückzuführen, sondern dienen zum Teil auch der Ordnung von Elementen.<ref>Hoffmann, Volker; Helmle, Simone (2009): ''Gestaltung von wissenschaftlichen Postern''. Hohenheim: Universität Hohenheim. Zuletzt zugegriffen am 14.03.2025 unter URL= https://www.gewisola.de/files/posterhoffmannhelmle.pdf S. 4.</ref> Daher kann man zum Teil von der Farbe als Unterscheidungs- und Ordnungsmerkmal ausgehen.
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Die weitere Farbcodierung der Zeichen auf unterschiedlichstem Spielmaterial in ''e-Mission'' dient also nicht nur der Unterscheidung, sondern auch der Bedeutungszuschreibung. Das für die „Windkraft“ genutzte Blau hat beispielsweise einen Bezug zum Himmel, der bildhaft den Hintergrund des Index bildet (Abb. 2, S4).<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.</ref> Des Weiteren steht die Farbe ebenso für das Wasser, wo sich viele Windräder in Offshore-Windparks befinden.<ref>Wildgen, Wolfgang (2013): ''Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt''. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.</ref> Grün (Energie, Pflanze), Gelb (Solar), Blau (Windkraft, Stromnetz) und Gold/Silber (Geld, Geo-Engineering) entsprechen häufig natürlichen oder kulturell geprägten Farbkonventionen. Allerdings sind nicht alle Farbcodierungen auf eine solche Verbindung zurückzuführen und zwar insbesondere dann nicht, wenn sie der Ordnung und Unterscheidung von Spielelementen dienen.<ref>Hoffmann, Volker; Helmle, Simone (2009): ''Gestaltung von wissenschaftlichen Postern''. Hohenheim: Universität Hohenheim. Zuletzt zugegriffen am 14.03.2025 unter URL= https://www.gewisola.de/files/posterhoffmannhelmle.pdf S. 4.</ref>
  
 
== Fazit ==
 
== Fazit ==
  
Die Analyse von ''e-Mission'' zeigt, dass das Spiel auf eine Vielzahl indexikalischer und ikonischer Zeichen zurückgreift, jedoch den Symbolbegriff innerhalb der Kategorie der Spielsymbole, wie Peirce sie versteht, unscharf verwendet. Die visuelle Gestaltung, insbesondere die Farbwahl, spielt eine wesentliche Rolle bei der Bedeutungszuweisung in ''e-Mission''. Uneindeutig wird die Farbwahl, wenn Farben in derselben Kategorie, wie beispielsweise den Spielsymbolen, teilweise aufgrund kultureller Farbverständnisse (z.B. Blau steht für Himmel), teilweise als bloßes Unterscheidungsmerkmal eingesetzt werden. Die Zeichen sind stark kontextabhängig und besitzen außerhalb des Spielkontexts keine eindeutige Bedeutung. Das Spiel bietet einen spannenden Zugang zur Vermittlung eines komplexen Inhalts wie dem Klimawandel, der allerdings der Voraussetzung bedarf, jedes einzelne Zeichen erlernt zu haben. Ohne das Wissen über die verwendeten Zeichen ist es weder möglich, das Brettspiel zu spielen, noch Wissenskommunikation darüber zu tätigen.
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Die Analyse von ''e-Mission'' zeigt, dass das Spiel auf eine Vielzahl indexikalischer und ikonischer Zeichen zurückgreift. Die visuelle Gestaltung, insbesondere die Farbwahl, spielt eine wesentliche Rolle bei der Bedeutungszuweisung in ''e-Mission''. Uneindeutig wird die Farbwahl, wenn Farben in derselben Kategorie, wie beispielsweise den Spielsymbolen, teilweise aufgrund kultureller Farbverständnisse (z.B. Blau für Himmel), teilweise als bloßes Unterscheidungsmerkmal eingesetzt werden. Die Zeichen sind stark kontextabhängig und besitzen außerhalb des Spielkontexts keine eindeutige Bedeutung. Letztlich bietet das Spiel einen spannenden Zugang zur Vermittlung eines komplexen Inhalts wie dem Klimawandel, der allerdings der Voraussetzung bedarf, jedes einzelne Zeichen erlernt zu haben. Ohne das Wissen über die verwendeten Zeichen ist es weder möglich, das Brettspiel zu spielen, noch an dessen Wissenskommunikation zu partizipieren.
  
 
== Belege ==
 
== Belege ==

Aktuelle Version vom 23. Juni 2025, 13:43 Uhr

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Dieser Beitrag ist kein inhaltlicher Bestandteil des Living Handbooks, sondern die persönliche Werkstatt-Seite von Nutzer*in Jörn Helwig. Bitte nehmen Sie keine Änderungen an dieser Seite vor, ohne dies zuvor mit Jörn Helwig abgesprochen zu haben.

Die Vielfalt der Zeichen im Brettspiel e-Mission

Dieser Beitrag analysiert die Vielfalt der Zeichen im Brettspiel e-Mission, das sich mit den Auswirkungen des Klimawandels beschäftigt. Bei diesen Zeichen handelt es sich um ein System, welches zuerst erlernt werden muss. Dieses Erlernen dient nicht nur dem Zweck, das Spiel spielen zu können, sondern sorgt auch dafür, Wissenskommunikation über den Klimawandel durchzuführen.

Theoretische Grundlagen

Um visuelle Zeichen in Brettspielen analysieren zu können, ist es zunächst erforderlich, sich mit der Semiotik zu beschäftigen – der Lehre von Zeichen und ihrer Bedeutung.[1] Als bedeutungstragende Zeichenformen gelten neben sprachlichen Zeichen auch Bilder, Symbole und visuelle Darstellungen.[2] Bedeutung erhalten solche Zeichen durch einen Interpretanten, der einem Zeichen die Bedeutung zumisst.[3]

Charles Sanders Peirce, einer der Begründer der modernen Semiotik, teilt Zeichen in eine Trias aus Index, Ikon und Symbol. Ein Index ist ein Zeichen, welches kausale Verbindungen zu einem Objekt aufweist und darauf hinweist.[4] Schnee lässt sich z.B. als Anzeichen für Kälte beschreiben und das Blühen von Schneeglöckchen zeigt ein Ende des Winters an. Ein Ikon hingegen ist ein Zeichen, das aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Dargestellten wirkt. Ein Bild eines Löwen könnte beispielsweise auf einer Ebene ein Bild exakt dieses einen Löwen darstellen, aber auch genauso als visuelle Referenz für die gesamte Tierart Löwe stehen.[5] Bei den Symbolen im semiotischen Sinne handelt es sich um Zeichen, die aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen entstanden sind und keine kausale oder auf Ähnlichkeit beruhende Verbindung zum Bezeichneten aufweisen.[6]

Ein Beispiel für ein Symbol ist die Friedenstaube. Die Bestandteile „Frieden“ und „Taube“ weisen keinerlei Korrelation auf. Dadurch setzen Symbole ein Vorwissen über ihre Bedeutung voraus – ohne dieses ist eine Fehlinterpretation möglich.[7] Einen Sonderfall stellt das Piktogramm, ein metonymisches Ikon, dar. Es verweist auf etwas anderes als das Dargestellte – z. B. steht ein stilisiertes Männchen auf einer Toilettentür nicht für das Bild an sich, sondern weist auf die BenutzerInnengruppe hin.[8] Kontext- und kulturelles Wissen sind für das Verständnis von Piktogrammen essenziell.

Neben den genannten Zeichentypen können auch Farben Zeichencharakter haben. In diesen Fällen machen sie nicht nur einen bedeutungstragenden Teil der Wissenskommunikation aus, sondern tragen auch zur Strukturierung und Differenzierung von Informationen bei und unterstützen dadurch die schnellere Erfassung der Zeichensprache innerhalb von Brettspielen.[9] Während die Farbe Grün auf die Natur (Blätter, Gras) verweist, signalisiert Blau beispielsweise Himmel und Wasser.[10] Außerdem gibt es Farben, die aus der Natur gewonnen wurden, wie Schwarz aus der Holzkohle, und somit darauf verweisen können.[11] Dadurch, dass Farben Ähnlichkeiten zu diesen natürlichen Elementen aufweisen, kann man ihnen zudem auch einen ikonischen Charakter zumessen.

Analyse des Brettspiels e-Mission

In e-Mission, dem hier analysierten „Kennerspiel 2024“, nehmen sich die Spielenden des Kampfes gegen den Klimawandel an. Dabei übernehmen sie die Rolle einer ausgewählten Weltmacht und sollen so die globale Erderwärmung aufhalten.[12] Das Spiel besteht aus verschiedenen Spielkomponenten: Spielplan, Tableaus, diverse Kartenarten (Projektkarten, Krisenkarten, Startkarten etc.) sowie Marker und Plättchen.[13] Im Folgenden werden die vielfältigen visuellen Zeichen auf den Karten analysiert. Dazu wird auf die Kategorisierung der Zeichen nach Charles S. Peirce (Index, Ikon, Symbol) sowie eine Analyse der Farben zurückgegriffen. Aus Gründen des Umfangs werden fortlaufend nur die sogenannten „Symbole“, „Emissionsplättchen“ und „Energieplättchen“ untersucht. Zur Unterscheidung der Symbole im Peirce’schen Sinne wird die Spielkategorie „Symbole“ fortan als Spielsymbole bezeichnet.

Die Spielsymbole bei e-Mission

Auf den Projektkarten des Spiels sind die visuellen Zeichen in der oberen rechten Ecke markant (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Projektkarte e-Mission (Scan der Projektkarte und visuelle Ergänzung in Schwarz durch Jörn Helwig).

Das grün umrahmte visuelle Zeichen zeigt ein Stromkabel mit Stecker, welches ebenso in der beigefügten Legendenkarte (siehe Abbildung 2) – dort versehen mit der Beschreibung „Energie“ – zu finden ist (Abb. 2, S1).

Abbildung 2: Legendenkarte e-Mission (Scan der Legendenkarte und visuelle Ergänzung in Schwarz durch Jörn Helwig).

Dieses Spielsymbol kann als indexikalisches Zeichen aufgefasst werden, da das Stromkabel mit Stecker ein Indikator für den Stromfluss ist und somit auf die Energie hinweist. Des Weiteren weisen das visuelle Zeichen eines Stromkabels und das Wort „Energie“ Zusammenhänge auf, die sich auch im Sprachlichen durch das Synonym „Strom“ für „Energie“ wiederfinden. Ähnlich verhält es sich beim visuellen Zeichen für das „Stromnetz“, welches, obwohl es einen Strommasten zeigt, nicht auf diesen Strommasten, sondern, wie die Legende erklärt, auf das gesamte Stromnetz verweist (Abb. 2, S2).

Abweichend gestaltet sich dies beim visuellen Zeichen für „Geld“ in e-Mission (Abb. 2, S6). Obwohl die abgebildeten Geldstücke – aufgrund fehlender (Wert-)Prägungen – nicht exakt wie echte Münzen aussehen, ist ihnen durch die Stapelbarkeit sowie eine Art Dollarzeichen eine visuelle Ähnlichkeit zu Geld nicht abzusprechen. Hierbei handelt es sich also um ein weiteres Spielsymbol, das im wissenschaftlichen Sinne nicht als Symbol gelten kann.[14]

Das Spielsymbol zu „Innovation“ ist hingegen eindeutig als Symbol zu deuten, da die Darstellung auf eine konventionale Idee verweist, eine Glühbirne als Sinnbild für Ideen und Erfindungen zu verwenden (Abb. 2, S7). Allerdings lässt die Musterhaftigkeit der anderen Spielsymbole ohne die Beschreibung nicht zwingend zuerst an Innovation denken. Das bereits beschriebene Stromkabel mit Stecker befindet sich beispielsweise im selben lexikalischen Feld (Elektrizität) wie die Energie.[15] Eine Glühbirne bewegt sich aber aufgrund des aktuellen Forschungsstands nicht mehr innerhalb der thematischen Rahmung „Innovation“.

Unklarheiten weist das Spielsymbol „Pflanze“ auf, denn während Energie, Geld und Innovation als Bedingungen für klimafreundliches Handeln stehen, kann dieses Zeichen auf verschiedene Art und Weise interpretiert werden (Abb. 2, S5). Während die Pflanze als ikonisches Zeichen dargestellt wird, ist das visuelle Zeichen semantisch mehrdeutig und kann sowohl als konkrete Pflanze wie auch als im Imperativ gestellte Aufforderung zum Handeln interpretiert werden. Das Spielsymbol bleibt uneindeutig.

Einen weiteren Sonderfall stellt das Spielsymbol „Solar“ dar, bei dem die Assoziation zu Solarpanelen für RezipientInnen nur durch die der Sonne zugeschriebene gelbe Hintergrundfarbe aufkommt (Abb. 2, S3). Als Index interpretiert, tut sich eine Diskrepanz zwischen Text und visuellem Zeichen auf, die sich nur im Alltagssprachlichen erklären lässt. Die Solarpanele weisen nicht auf Solar hin, sondern auf Solarenergie. So verweist der Index für „Windkraft“ auch nicht auf den Wind, sondern auf die aus ihm gewonnene Energie. Das Adjektiv „solar“ kommt aus dem Lateinischen und charakterisiert Wörter, die im lexikalischen Feld „Sonne“ genutzt werden. Da eine Nutzung als Ikon aufgrund der Uneindeutigkeit der dargestellten Solarpanele sowie als Symbol nicht sinnvoll ist, lässt sich das Spielsymbol als Index interpretieren.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass es sich bei den wenigsten Spielsymbolen tatsächlich um Symbole im Sinne Charles S. Peirces handelt, sondern hauptsächlich um Indizes sowie einige Ikone. Auch eine Einordnung als Piktogramme ist nicht möglich, da die Zeichen nur im Spielzusammenhang Sinn ergeben und keine klare Verständlichkeit besitzen, wie es beispielsweise bei Toilettenbeschilderungen der Fall ist. Die hauptsächlich indexikalischen Zeichen bei den Spielsymbolen stehen eher pars pro toto, also für ein größeres System (Windrad steht für die Windkraft; Abb. 2, S4).

Die Plättchen und die Farbcodierung bei e-Mission

Ein weiteres Spielmaterial des Spiels e-Mission sind die Emissionsplättchen (Abb. 2, E1). Bei allen Zeichen, die auf diesen Plättchen verwendet werden, handelt es sich um Indizes. Sie weisen durch einfache Bilder (z. B. Mülltonne, Auto, Bohrturm) auf abstrakte Konzepte wie Müll, Verkehr oder fossile Energiequellen hin. Bis auf den Bohrturm, der nicht pars pro toto für das Erdöl steht, bilden alle Emissionsplättchen einen Teil der Gesamtheit ab. Auffällig ist die Farbe Anthrazit, die alle Emissionen darstellen soll. Dies weckt Assoziationen zu Steinkohle, Rauch oder Erdöl und reproduziert somit vor dem Hintergrund des Klimawandels negative Konnotationen.

Aber nicht nur bei den Emissionsplättchen, sondern auch bei den Energieplättchen findet man die Farbe Anthrazit wieder. Allerdings ist diese nur auf einer Seite zu finden, die andere ist grün gefärbt. In e-Mission bezeichnet die grüne Seite „Saubere Energie“ (Abb. 2, E3) und die anthrazitfarbene Seite „Schmutzige Energie“ (Abb. 2, E2). Eine interessante klimawandelthematische Rahmung, bezogen auf die Emissionsplättchen, die komplett in Anthrazit gekennzeichnet sind.[16] Sie lassen sich somit farblich als ebenso „schmutzig“ darstellen, obwohl nur eines der Plättchen, nämlich „Müll“, tatsächlich ein Synonym für Schmutz darstellt. Die grüne Seite des Energieplättchens wird als „sauber“ beschrieben. Diese Verbindung mit der „sauberen“ grünen Farbe wird im Spiel dadurch erzeugt, dass die grüne Seite anzeigt, dass keine CO2-Emissionen mehr ausgeschieden werden. Die Wahl der grünen Farbe verweist, ganz gleich wessen Ursprungs die Energie tatsächlich ist, auf den Kontrast der anthrazitfarbenen „schmutzigen Energie“ zum Grün, das für Blätter sowie neues Leben aufgrund von Photosynthese steht.[17]

Die weitere Farbcodierung der Zeichen auf unterschiedlichstem Spielmaterial in e-Mission dient also nicht nur der Unterscheidung, sondern auch der Bedeutungszuschreibung. Das für die „Windkraft“ genutzte Blau hat beispielsweise einen Bezug zum Himmel, der bildhaft den Hintergrund des Index bildet (Abb. 2, S4).[18] Des Weiteren steht die Farbe ebenso für das Wasser, wo sich viele Windräder in Offshore-Windparks befinden.[19] Grün (Energie, Pflanze), Gelb (Solar), Blau (Windkraft, Stromnetz) und Gold/Silber (Geld, Geo-Engineering) entsprechen häufig natürlichen oder kulturell geprägten Farbkonventionen. Allerdings sind nicht alle Farbcodierungen auf eine solche Verbindung zurückzuführen und zwar insbesondere dann nicht, wenn sie der Ordnung und Unterscheidung von Spielelementen dienen.[20]

Fazit

Die Analyse von e-Mission zeigt, dass das Spiel auf eine Vielzahl indexikalischer und ikonischer Zeichen zurückgreift. Die visuelle Gestaltung, insbesondere die Farbwahl, spielt eine wesentliche Rolle bei der Bedeutungszuweisung in e-Mission. Uneindeutig wird die Farbwahl, wenn Farben in derselben Kategorie, wie beispielsweise den Spielsymbolen, teilweise aufgrund kultureller Farbverständnisse (z.B. Blau für Himmel), teilweise als bloßes Unterscheidungsmerkmal eingesetzt werden. Die Zeichen sind stark kontextabhängig und besitzen außerhalb des Spielkontexts keine eindeutige Bedeutung. Letztlich bietet das Spiel einen spannenden Zugang zur Vermittlung eines komplexen Inhalts wie dem Klimawandel, der allerdings der Voraussetzung bedarf, jedes einzelne Zeichen erlernt zu haben. Ohne das Wissen über die verwendeten Zeichen ist es weder möglich, das Brettspiel zu spielen, noch an dessen Wissenskommunikation zu partizipieren.

Belege

  1. Kjørup, Søren (2009): Semiotik. Paderborn: Fink. S. 7; Ort, Nina (2024): Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22.
  2. Böhm, Felix (2021): Präsentieren als Prozess. Multimodale Kohärenz in softwaregestützten Schülerpräsentationen der Oberstufe. Diss. Universität Kassel. Tübingen: Stauffenburg. S. 90f.
  3. Ort, Nina (2024): Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22.
  4. Ort, Nina (2024): Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 22–24.
  5. Vgl. Kjørup, Søren (2009): Semiotik. Paderborn: Fink. S. 50.
  6. Vgl. Ort, Nina (2024): Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 25f.
  7. Ort, Nina (2024): Wie wir Ideen klar machen. Die Semiotik von Charles S. Peirce zur Einführung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. S. 26.
  8. Vgl. Kjørup, Søren (2009): Semiotik. Paderborn: Fink. S. 59f.
  9. van Leeuwen, Theo (2011): The language of colour. An introduction. London: Routledge. S. 92f.
  10. Wildgen, Wolfgang (2013): Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 117.
  11. Wildgen, Wolfgang (2013): Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 117.
  12. Leacock, Matt; Menapace, Matteo (2023): e-Mission: Schmidt Spiele.
  13. Leacock, Matt; Menapace, Matteo (2023): e-Mission: Schmidt Spiele.
  14. Vgl. Nöth, Winfried (2000): Handbuch der Semiotik. 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler. S. 178.
  15. Vgl. Lutzeier, Peter Rolf (1995): Lexikalische Felder - was sie waren, was sie sind und was sie sein könnten. In: Gisela Harras (Hrsg.): Die Ordnung der Wörter. Kognitive und Lexikalische Strukturen. Berlin: De Gruyter (Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache, 1993), S. 4–29. S. 15f.
  16. Vgl. Gardt, Andreas (2012): Textsemantik. Methoden der Bedeutungserschließung. In: Jochen A. Bär und Marcus Müller (Hrsg.): Geschichte der Sprache - Sprache der Geschichte. Probleme und Perspektiven der historischen Sprachwissenschaft des Deutschen. Oskar Reichmann zum 75. Geburtstag. Berlin: Akademie-Verlag (Lingua Historica Germanica, 3), S. 60–83. S. 73f.
  17. Wildgen, Wolfgang (2013): Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.
  18. Wildgen, Wolfgang (2013): Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.
  19. Wildgen, Wolfgang (2013): Visuelle Semiotik. Die Entfaltung des Sichtbaren: Vom Höhlenbild bis zur modernen Stadt. Bielefeld: transcript (Image, 57). S. 116f.
  20. Hoffmann, Volker; Helmle, Simone (2009): Gestaltung von wissenschaftlichen Postern. Hohenheim: Universität Hohenheim. Zuletzt zugegriffen am 14.03.2025 unter URL= https://www.gewisola.de/files/posterhoffmannhelmle.pdf S. 4.