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'''Armin Nassehi''' (* 1960) ist ein deutscher Soziologe und Professor für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximillians-Universität München. Nassehi forscht und publiziert zu
  
 
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Paul Reszke (* 1983) ist ein an der Universität Kassel lehrender und forschender Sprachwissenschaftler sowie Teil des Herausgeber*innenteams des Living Handbooks. Reszke forscht aus einer konstruktivistischen und pragmasemiotischen Perspektive zur Entstehung von Wissen in der Gesellschaft, u. a. durch journalistische Berichterstattung, (Populär-)Wissenschaft[1] sowie Populärkultur[2][3]. Von ihm untersuchte Themenfelder sind u. a. der Diskurs über Schulamokläufe[4], der Themenkomplex Klimawandel sowie die Wissensdomäne Kunst/Kunstkommunikation[5] (mit verstärktem Fokus auf die Kasseler Kunstgroßausstellungsreihe documenta).
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'''Bruno Latour''' (* 1947) ist ein französischer Soziologe, Wissenschaftshistoriker und Philosoph. Latour ist emeritierter Professor an der Sciences Po, Paris und arbeitete zuvor u. a. am Centre de Sociologie de l'Innovation, Mines ParisTech, sowie der London School of Economics und der University of Amsterdam. Zudem war Latour als Kurator der Ausstellungen Iconoclash (2002) und Making Things Public (2005) am Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie tätig.

Version vom 2. Mai 2021, 10:57 Uhr

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Dieser Beitrag ist kein inhaltlicher Bestandteil des Living Handbooks, sondern die persönliche Werkstatt-Seite von Nutzer*in Martin Böhnert. Bitte nehmen Sie keine Änderungen an dieser Seite vor, ohne dies zuvor mit Martin Böhnert abgesprochen zu haben.


Wissen Intro

Eine solche Reflexion eröffnet etwa den Blick auf in Konkurrenz stehende Wissensformen und Debatten um die Rechtfertigung und Begründung von Wissensansprüchen. Vor diesem Hintergrund wird aus dem vermeintlich stabilen und abgeschlossenen Wissensbegriff des Alltags ein komplexes Phänomen.


Werkstatt Theodor Kimpel

Die Darstellung des Klimawandels in der Süddeutschen Zeitung im Zeitraum von Oktober 2019 bis Juli 2020 Der Klimawandel wird in der https://www.sueddeutsche.de Süddeutschen Zeitung als faktisches, wissenschaftlich eindeutig belegtes und menschengemachtes Problem dargestellt. Dies geht aus der Analyse dreier hier untersuchter Zeitungsartikel hervor.

Die Darstellung des Klimawandels in der Süddeutschen Zeitung Untersucht wurden folgende Artikel: "Kühlen ohne Reue"[1],"So blau war der Himmel lange nicht mehr" [2] und "Ideen im Kampf gegen die Klimakrise" [3].

Untersuchungsmethoden

Die drei untersuchten Artikel stammen aus dem Zeitraum zwischen Oktober 2019 und Juni 2020. Sie wurden vor allem in Hinblick auf die Aspekte Text-Bild-Relation, Expert*innenkommunikation und Hintergrundwissen, die Verwendung des Lexems „Klima“ und die Argumentationsstruktur nach dem Analyseraster von Gardt [4] untersucht.

Text-Bild-Relation

Die Süddeutsche Zeitung setzt in ihrer Berichterstattung über den Klimawandel auf den zurückhaltenden Einsatz von Bildern. In allen drei untersuchten Artikeln werden insgesamt acht Bilder verwendet, die ungefähr 10-20% der gesamten Seitenfläche ausmachen. Die Bilder dienen der Ergänzung und Visualisierung des Textes. Die Bildunterschriften deuten in einem prägnanten Satz auf das Leitthema hin oder dienen als detaillierte Ergänzungen zum Artikel.

Experten*innenkommunikation und Hintergrundwissen

Der vermehrte Einsatz von ExpertInnenmeinungen (15 Zitate in drei Artikeln), oft in Form direkter Zitate, untermauert den Anspruch auf Sachlichkeit der Informationen, die die Süddeutsche Zeitung vermitteln möchte. Die kommunikative Inszenierung dieser Zitate vermittelt den Eindruck, es handele sich um wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse. Exemplarisch kann ein Zitat von US-Forschern aus dem Artikel „Kühlen ohne Reue“ bezüglich des Einflusses von Kühlgeräten auf den Klimawandel herangezogen werden: "Es gibt ein geradezu explosives Wachstum", sagt Iain Campbell vom RMI, "der Beitrag solcher Geräte zum Klimawandel könnte sich in kurzer Zeit verfünffachen"[5].

Verwendung des Lexems „Klima“

Der wissenschaftliche Anspruch wird auch in der Verwendung des Wortes bzw. Wortteils „Klima“ in verschiedenen Kompositionen deutlich, es wird insgesamt 24 Mal benutzt. Eine der häufigsten verwendeten Kompositionen (sechs Verwendungen) ist „Klimawandel“. Hier wird deutlich, dass die Erderwärmung in der Darstellung als menschengemacht Krise beispielhaft für Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung ist. Der technologische Verweis auf Problemlösungen des Klimawandels wir d an ausgewählten Komposita wie „klimafreundlich“, „Klimaforscher“, „Klimaanlagen“ und „Klimaschutz“, „Klimaforschung“, „Klimamodelle“, „Klimaeffekt, „klimaschonend“, „Klimawirkung“, „klimaschädlich“ und „klimatisiert“ sichtbar. Der Eindruck der wissenschaftlichen Fundiertheit wird durch die häufige Verwendung einschlägiger Kompositionen wie „Klimaforschung“, „Klimawirkung“ oder „Klimamodelle“ verstärkt. „Klimaschädlich“, „Klimaeffekt“ oder „klimaschonend“ lassen wiederum darauf schließen, dass in der Darstellung der Süddeutschen Zeitung menschliches Handeln einen relevanten Einfluss auf das Klima hat. Die Gesamtheit aller Wetterereignisse wird so als beeinflussbare Größe interpretiert.


Argumentationsstruktur

Laut Wengeler steht im Mittelpunkt der Argumentationsanalyse das Enthymem, also ein Schlussverfahren. Das Enthymem ist dreigliedrig und besteht aus einer strittigen Behauptung, die durch ein Argument gestützt wird, um der Eingangsbehauptung den Status einer anerkannten Konklusion zu geben [6]. In den drei untersuchten Zeitungsartikeln sind Lösungsvorschläge und Ausblicke in die Zukunft wesentlicher Teil und Zielpunkt der Argumentationsstruktur. Zwei der drei analysierten Artikel drehen sich inhaltlich um die Vorstellung von neuen Technologien, die helfen sollen, die Erderwärmung zu verringern bzw. mit den daraus entstehenden Problemen umzugehen. In beiden Fällen wird zu Beginn ein Problemaufriss als Eingangsbehauptung dargelegt, der im Hauptteil aufgeschlüsselt wird. Vor- und Nachteile von Erkenntnissen oder Innovationen werden mit Expert*innenwissen und Fakten abgeglichen. Kritik wird formuliert, um auf weitergehende Probleme hinzuweisen. Am Ende werden die gezogenen Schlüsse zu Lösungsvorschlägen und Zukunftsperspektiven. Durch diese Form der Argumentation wird der menschengemachte Klimawandel implizit als wissenschaftliches Faktum dargestellt, das nicht zur Disposition steht.


Aspekte der Wissensreflexion

Tatsachen

Für „Wissensgesellschaften“ [7] scheint es wie selbstverständlich, sich auf (wissenschaftliche) Tatsachen zu berufen. Doch bereits die Frage danach, was von wem und in welchen Kontexten als Tatsache anerkannt wird, eröffnet den Blick auf den Tatsachenbegriff selbst. Hier lassen sich etwa ein vorreflexiver Begriff aus der Alltagssprache, ein wissenschaftshistorischer Begriff der Wissenschaftsgeschichte, ein wissenssoziologischer Begriff aus der Wissenschaftsforschung und ein sozialontologischer Begriff aus der Sprachphilosophie unterscheiden.

Objektivität

Ähnlich selbstverständlich wie die Bezugnahme auf Fakten erscheint die Forderung nach Objektivität. Doch auch dieser Begriff ist bei genauerer Betrachtung weniger eindeutig, als unsere alltägliche Bezugnahm suggeriert. So zeigt Lorraine Daston in ihrer wissenschaftshistorischen Arbeit, dass bei der Bezugnahme auf Objektivität oft ganz verschiedene Bereiche miteinander vermengt werden: „Mühelos gleiten wir von Aussagen über die ‚objektive Wahrheit‘ einer wissenschaftlichen Behauptung hinüber zu solchen über die ‚objektiven Verfahren‘, die einen Befunde untermauern, und weiter zu solchen über die ‚objektive Haltung‘, die einen Forscher auszeichnet.“[8] Zudem zeige die historische Entwicklung des Objektivitätsbegriffs, dass – banal ausgedrückt – Objektivität nicht objektiv ist.

Tugenden der Wissensproduktion und -rezeption

„Solange Erkenntnis einen Erkennenden postuliert und solange der Erkennende als potentielle Hilfe oder Hürde für die Erwerbung von Erkenntnis gilt, wird sein Selbst ein erkenntnistheoretisches Thema sein.“ [9] Mit dieser Überlegung gelangt das erkennende Subjekt in den Blick. Damit es der Erkenntnis nicht als Hürde im Weg steht, lassen sich spezifische normative Tugenden formulieren, auf die sich das erkennende Subjekt bei seiner oder ihrer Tätigkeit berufen soll: Dies sind einerseits charakterbezogene Tugenden wie Geduld, Aufmerksamkeit, Genauigkeit, Beharrlichkeit oder Strenge, aber auch verfahrensbezogene Tugenden wie Objektivität, Exaktheit, Einfachheit, Konsistenz und Akkuratheit, die ihrerseits Einfluss auf das Auskommen des Erkenntnisprozesses haben. Die Philosophin Helen Longino stellt mit Blick auf epistemische Tugenden heraus, dass es sich bei der Einnahme dieser um Entscheidungen des erkennenden Subjekts handelt und dass zwar ein traditionsbedingter, jedoch kein unumstößlicher Kanon bestehe. Daraus folgert sie, dass der Kanon durchaus zur Disposition steht und entsprechend erweitert oder verändert werden könne und schlägt Tugenden wie Heterogenität, methodische Neuartigkeit, die Berücksichtigung der Komplexität von Zusammenhängen oder die Dezentralisierung von Machtverhältnissen als Tugenden vor.[10] Der Philosoph Don Fallis stellt zudem heraus, dass sich Tugenden nicht nur in der Wissensproduktion reflektieren lassen, sondern auch die erkenntnistheoretischen Tugenden der Rezipierenden von Wissen reflektieren lassen.


Personen Artikel

Armin Nassehi

Armin Nassehi (* 1960) ist ein deutscher Soziologe und Professor für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximillians-Universität München. Nassehi forscht und publiziert zu

Bruno Latour

Bruno Latour (* 1947) ist ein französischer Soziologe, Wissenschaftshistoriker und Philosoph. Latour ist emeritierter Professor an der Sciences Po, Paris und arbeitete zuvor u. a. am Centre de Sociologie de l'Innovation, Mines ParisTech, sowie der London School of Economics und der University of Amsterdam. Zudem war Latour als Kurator der Ausstellungen Iconoclash (2002) und Making Things Public (2005) am Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie tätig.

  1. Süddeutsche Zeitung (2020): Kühlen ohne Reue. In: sueddeutsche.de. Online, zuletzt abgerufen am 17.03.2021.
  2. Süddeutsche Zeitung (2020): So blau war der Himmel lange nicht mehr. In: sueddeutsche.de. Online, zuletzt abgerufen am 17.03.2021.
  3. Süddeutsche Zeitung (2020): Ideen im Kampf gegen die Klimakrise. In: sueddeutsche.de. Online, zuletzt abgerufen am 17.03.2021.
  4. Gardt, Andreas (2012): Textsemantik. Methoden der Bedeutungserschließung. In: Bär, Jochen A., Müller, Marcus (Hrsg.): Geschichte der Sprache und Sprache der Geschichte. Probleme und Perspektiven der historischen Sprachwissenschaft des Deutschen, Berlin: Akademie Verlag, S. 60-83.
  5. Süddeutsche Zeitung (2020): Kühlen ohne Reue. In: sueddeutsche.de. Online, zuletzt abgerufen am 17.03.2021.
  6. Wengeler, Martin (2003): : Topos und Diskurs. Begründung einer argumentationsanalytischen Methode und ihre Anwendung auf den Migrationsdiskurs (1960-1985). Tübingen: Max Niemeyer Verlag.
  7. Siehe etwa Willke, Helmut (1997): Supervision des Staates. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
  8. Daston, Lorraine (2001): Objektivität und die Flucht aus der Perspektive. In: Daston, Lorraine (Hrsg.): Wunder, Beweise und Tatsachen, Frankfurt: Fischer, S. 127-156, hier S. 127.
  9. Daston, Lorraine; Galison, Peter (2007): Objektivität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 43.
  10. Vgl. Longino, Helen (1994): In Search of Feminist Epistemology. In: The Monist 77(4), S. 472-485, hier S. 476.