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Definition der Begriffe

Mensch

Das maskuline Substantiv Mensch lässt sich aus dem althochdeutschen mennisco ableiten, welches ursprünglich der Männliche bedeutet. Bereits im Mittelhochdeutschen wurde mennisco zu mensche umformuliert. Der Begriff besitzt verschiedene Bedeutungsebenen. Es kann von einem menschlichen Lebewesen oder Individuum ausgegangen werden, welches unter anderem die Fähigkeiten zum eigenen Denken, Sprechen und Entscheiden besitzt. Hierbei wird von dem Menschen als dem Lebewesen ausgegangen, welches am höchsten entwickelt ist. Zusätzlich kann das Substantiv Mensch eine gezielte Persönlichkeit oder eine bestimmte Person meinen und beschreiben. Darüber hinaus kann es sich bei der Begrifflichkeit um eine Form der Anrede handeln, die in der Regel Erstaunen oder Überraschung ausdrückt [1].

Mensch vs. Natur.

Natur

Das feminine Substantiv Natur hat seinen Ursprung im Lateinischen. Hier stand das Wort natura für die Geburt, Schöpfung und alle natürlichen Beschaffenheiten. Das althochdeutsche natūra wandelte sich zu dem mittelhochdeutschen natūre. Allgemein lässt sich unter dem Begriff Natur alles zusammenfassen, was sich sowohl organisch als auch anorganisch ohne den Eingriff von Menschen entwickelt. Zusätzlich umfasst der Begriff alle Tiere, Gewässer, sowie Pflanzen und Gesteine des Planeten Erde. Darüber hinaus kann das Substantiv die Eigenschaften der jeweiligen organischen und anorganischen Erscheinungen beschreiben [2].


Ausführliche Informationen zu den Begriffen

Der Frage danach, was der Mensch ist, beschäftigt die Menschheit bereits seit mehreren Jahrtausenden. Bis heute wird über eine einheitliche Definition darüber, wie das Wesen des Menschen zu beschreiben ist, erfolglos diskutiert. Forscher*innen und Wissenschaftler*innen vermuten unter anderem, dass die Mannigfaltigkeit sowie die Breite des Individuums dazu beitragen, keine einheitliche Definition zu entwickeln. Fest steht jedoch, dass der Mensch die Fähigkeit besitzt, über seine eigene Existenz nachzudenken [3]. Er kann sich als einen Teil der Welt begreifen und evolutionäre Prozesse reflektieren. Aufgrund der Tatsache, dass der Mensch sein Handeln in der Regel frei bestimmen kann, wird ihm die Chance bereitet, sich selbst zu verwirklichen. Trotz dieser besonderen Stellung ist der Mensch im direkten Vergleich zu zahlreichen weiteren Lebewesen teilweise benachteiligt. So ist er beispielsweise noch lange Zeit nach seiner Geburt auf fremde Hilfe angewiesen und auch einige Instinkte sind im Vergleich zu Tieren oftmals unterentwickelt. Darüber hinaus sind der Mensch und sein Überleben von einem gesellschaftlichen Zusammenleben abhängig, sodass er autark nicht überleben könnte [4]. Die Wissenschaft des Menschen, die Anthropologie, wird in vier Hauptrichtungen gegliedert. Eine Richtung ist die medizinisch-biologische Anthropologie, die den Menschen hinsichtlich seiner biologischen und physischen Eigenschaften untersucht und heute vermehrt als Evolutions- und Verhaltensforschung beschrieben wird. Darüber hinaus gibt es die, von Immanuel Kant ausgehende, philosophische Anthropologie welche versucht, den Menschen aus seiner Stellung zur Natur zu verstehen. Zusätzlich besteht die Kultur- und Sozialanthropologie, die sich mit dem Menschen in seinem sozialen und kulturellen Zusammenleben befasst. Zuletzt ist die historische Anthropologie zu nennen, welche den Menschen hinsichtlich der sich verändernden Lebensumstände untersucht [5]. Die bereits angesprochene freie Handlungsfähigkeit wirkt sich erwiesenermaßen nicht nur positiv auf den Menschen und das Zusammenleben in einer Gesellschaft und innerhalb der Umwelt aus. Aufgrund seiner besonderen Stellung besitzt er nicht nur die Verantwortung für sich selbst, sondern auch für die Natur und die, ihn umgebende, Umwelt. Theodor Adorno schrieb, dass der Mensch und sein Wesen ,,ein anderes als Natur und doch ein Moment von dieser‘‘ zu verstehen ist [6]. Demnach wird deutlich, dass eine enge Wechselbeziehung zwischen der Menschheit auf der einen und der Natur auf der anderen Seite vorliegt. Ein unverantwortliches Verhalten der Menschheit gegenüber der Natur und Umwelt wird auf unterschiedliche Art und Weise sichtbar. So tragen Menschen Berge ab, organisieren das Ein- und Auslaufen ganzer Seen, bestimmen, welche Organismen wo leben und heben somit indirekt den Meeresspiegel an, wodurch es zu einer sicht- und spürbaren Veränderung des Klimas kommt [7]. Das Handeln der Menschen hat darüber hinaus dazu beigetragen, dass mehr als drei Viertel des eisfreien Bodens umgestaltet wurde, sodass dort keine Urnatur vorzufinden ist. Auch die Tatsache, dass der Mensch seit seiner Existenz über 8 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert hat und durch seine Nutztierhaltung 96% der zur Verfügung stehenden Biomasse beansprucht, bestätigt die Annahme, dass das Erdsystem größtenteils unumkehrbar verändert wurde [8]. Aus diesem Anlass nutzte Paul Crutzen im Jahr 2000 bei einer wissenschaftlichen Tagung erstmals den Begriff des Anthropozäns. Unter dieser Begrifflichkeit ist ein neues Erdzeitalter zu verstehen, welches das Erdzeitalter des Holozäns ablöst [9]. Dabei ist das Anthropozän ein Zeitalter, welches die Menschheit durch ihr zuvor beschriebenes Handeln zu verantworten hat und welches in der Wissenschaft in einen direkten Zusammenhang zur präsenten Umweltkrise gebracht wird. Hierbei wird das Anthropozän als eine Konsequenz des menschlichen Handelns und den Einfluss auf die Umwelt verstanden [10]. Es ist von besonderer Bedeutung und für das Verständnis von Natur essentiell, dass die Wissenschaft von dem Naturbegriff im Plural spricht. Denn einen Naturbegriff gibt es demzufolge nicht [11]. Hierbei ist zu ergänzen, dass der ökologische Naturbegriff der Gegenwart in der Wissenschaft den höchsten Stellenwert hat. Der ökologische Naturbegriff betrachtet die Natur als Biosphäre. Dies bedeutet, dass unter Natur alle lebenden Organismen, jegliche Ökosysteme und was durch diese beeinflusst wird, zusammenfasst [12]. Dass sich die Natur in einem von Menschen beeinflussten Wandel befindet und daher vom Anthropozän gesprochen werden kann, wird durch die sichtbaren und wissenschaftlich belegten Fakten deutlich: Die Weltmeere versauern, die Oberflächentemperatur steigt stetig an, radioaktive Substanzen werden freigesetzt, lebenswichtige Ressourcen, wie trinkbares Wasser schwinden, die biologische Vielfalt nimmt durch das Artensterben weiter ab und extreme Wetterereignisse häufen sich [13], was besonders in Deutschland, genauer im Ahrtal, im Sommer 2021 spürbar wird. Es wurde bereits angesprochen, dass das Anthropozän auch mit einer Umweltkrise in Verbindung gebracht wird. Bereits nach diesem Einstieg in den Naturbegriff wird deutlich, dass eine genaue Abgrenzung zum Menschen und dem menschlichen Handel unmöglich erscheint. Dieses Phänomen lässt sich auch in der Klimaliteratur erkennen. Hier wird die Thematik des Klimawandels in der Regel mit dem menschlichen Handeln oder als Reaktion auf dieses in Verbindung gebracht.


Analyse des Gegensatzpaares anhand ausgewählter Beispiele aus der Klimaliteratur

Ein Beispiel dafür, dass der Mensch in der Klimaliteratur für die bestehende und präsente Umweltkrise verantwortlich gemacht wird, bietet der Roman 2084 Noras Welt, der 2013 von Jostein Gaarder veröffentlicht wurde 2084 - Noras Welt. In dem Roman wird das Anthropozän als neue, durch den Menschen herbeigeführte, geologische Epoche genannt. Der Roman lässt durch diese Beispiele einen direkten Zusammenhang zwischen dem menschlichen Handeln und dem Klimawandel entstehen. Ein weiteres literarisches Beispiel für anthropogene Auswirkungen auf den Klimawandel bietet die dystopische Trilogie Die Tribute von Panem. In der Romanreihe hat das sozial gehobene Kapitol die Möglichkeiten, in den sogenannten jährlich stattfinden Hungerspielen, direkt auf die Natur und Wetterereignisse einzugreifen und diese zu steuern. Es kommt zu einer künstlichen Entstehung von Säugetieren, lebensbedrohlicher Nebel entsteht, ein Gewitter wird eingeleitet und Flutwellen werden hergestellt [14]. Zusätzlich stellt der Roman Ein Freund der Erde von Tom Coraghessan ,,T. C.‘‘ Boyle die Verhältnisse von Mensch und Natur innerhalb der Klimaliteratur dar. Der Protagonist Tyrone ,,Ty‘‘ O’Shaughnessy Tierwate beschreibt extreme Wetterereignisse, die sich häufen und ein geregeltes Leben auf dem Planeten Erde weiter erschweren. Innerhalb des Romans wird das Klonen von Säugetierarten durch menschliches Handeln beschrieben und thematisiert [15]. Bereits hierdurch wird verdeutlicht, dass das anthropogene Handeln direkt in die Natur eingreift. Anthropogenes Handeln wird innerhalb des Romans für den Klimawandel verantwortlich gemacht.

Fazit

Abschließend lässt sich festhalten, dass der Mensch und das menschliche Handeln einen direkten Einfluss auf die Natur und ihre Veränderungen haben. Obwohl die Menschen für die durch sie entstandenen Probleme nicht verantwortlich gemacht werden wollen, sind die Eingriffe in die Natur geologisch nachweisbar. Die Tatsache, dass der Mensch jedoch die Möglichkeit hat, auf die Umweltkrise zu reagieren, lässt die Hoffnung bestehen, diese Krise gezielt entgegenzuwirken. Es kann jedoch gesagt werden, dass allein der Ausruf des Anthropozäns nicht ausreicht, um die klimabedingten Probleme des Planeten Erde zu lösen. Dringlicher ist es, dass die zunehmende Problematik des Klimawandels für die Menschheit präsent ist und diese damit konfrontiert. Für ein solches Bewusstsein der präsenten Umweltkrise eignet sich innerhalb der Literatur die Klimaliteratur. Sie greift aktuelle Probleme, die durch die Umweltkrise entstehen, auf und kann wissenschaftlichen Daten und Erkenntnisse in anschauliche Geschichten integrieren. Erzählungen können den Menschen die Dringlichkeit zu handeln bewusst machen und dazu beitragen, dass sich diese mit der Klimakrise auseinandersetzen. Durch einen wiederkehrenden Bezug zu anthropogenen Ursachen für den Wandel des Klimas werden Rezipient*innen implizit angesprochen und können demzufolge ihr eigenes Handeln reflektieren und gegebenenfalls verändern. Diese Aspekte spiegeln sich unter anderem in Romanen wie 2084 - Noras Welt, Ein Freund der Erde oder der dystopischen Romanreihe Die Tribute von Panem.

Belege

  1. vgl. Dudenredaktion (o. J.) (2022): Mensch. In: https://www.duden.de/rechtschreibung/Mensch_Lebewesen_Individuum.
  2. vgl. Dudenredaktion (o. J.) (2022): Natur. In: https://www.duden.de/rechtschreibung/Natur.
  3. vgl. Lindenau, Mathias; Meier Kressig, Marcel (2015): Einleitung. In: Lindenau, Mathias; Meier Kressig, Marcel (Hrsg.): Was ist der Mensch?, Bielefeld: Transcrip, S. 7.
  4. vgl. Lindenau, Mathias; Meier Kressig, Marcel (2015): Einleitung. In: Lindenau, Mathias; Meier Kressig, Marcel (Hrsg.): Was ist der Mensch?, Bielefeld: Transcrip, S. 8.
  5. vgl. van Oorschot, Jürgen (2018): Der Mensch im Gefüge der Welt. In: van Oorschot, Jürgen (Hrsg.): Mensch, Tübingen: Mohr Siebeck, S. 4.
  6. vgl. Adorno, Theodor (1975): Negative Dialektik. Frankfurt am Main: o. A..
  7. vgl. Leinfelder, Reinhold (2020): Das Anthropozän. Von der geowissenschaftlichen Analyse zur Zukunftsverantwortung. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 29.
  8. vgl. Leinfelder, Reinhold (2020): Das Anthropozän. Von der geowissenschaftlichen Analyse zur Zukunftsverantwortung. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 28.
  9. vgl. Leinfelder, Reinhold (2020): Das Anthropozän. Von der geowissenschaftlichen Analyse zur Zukunftsverantwortung. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 26.
  10. vgl. Voigt, Uwe (2020): Das Anthropozän als geistige Umweltkrise. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 86.
  11. vgl. Soentgen, Jens (2020): Der ökologische Naturbegriff. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 115.
  12. vgl. Soentgen, Jens (2020): Der ökologische Naturbegriff. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 117.
  13. vgl. Voigt, Uwe (2020): Das Anthropozän als geistige Umweltkrise. In: Heichele, Thomas (Hrsg.): Mensch - Natur - Technik, Münster: Aschendorff, S. 86.
  14. Collins, Suzanne (2010): Die Tribute von Panem - Gefährliche Liebe. Hamburg: Friedrich Oetinger.
  15. Boyle, Tom Coraghessan (2009): Ein Freund der Erde. München: Deutscher Taschenbuchverlag.



Autor*innen

Im Sommersemester 2024 haben Tuba Nur Ceviz, Zara Ceviz, Jasmin Engler, Melissa Görzen, Sarah Hagelstein, Hannah Kuhlmann, Tim Schade, Johannes Siebert, Felix Thielemann, Sarah Weinfurter und Christina Wiemers an dem Seminar "Die Sprache der Klimawandel: Klima und Campus" (Leitung: Felix Böhm) teilgenommen und damit das Projekt KLICK – Klimacampus Kassel samt seiner Teilprojekte gestaltet und durchgeführt. Auch an der Entstehung dieses Textes waren sie maßgeblich mitbeteiligt. Die Erstfassung dieses Artikels geht auf eine Vielzahl von Textbausteinen der Teilnehmenden zurück, die Felix Böhm zusammentrug und ergänzte. Die Versionsgeschichte gibt daher nicht die gesamte Entstehung des Artikels wieder und listet auch nicht alle beteiligten Autor*innen als User*innen.



Zitiervorlage: Böh, Felix et al. Werkstatt (2020). In: Böhm, Felix; Böhnert, Martin; Reszke, Paul (Hrsg.): Climate Thinking – Ein Living Handbook. Kassel: Universität Kassel. URL=https://wiki.climate-thinking.de/index.php?title=Benutzer:Paula Kramm/Werkstatt, zuletzt abgerufen am 22.11.2024.


Definition der Begriffe

Fakt

Der Fakt, auch das Faktum genannt, beschreibt eine Tatsache, welche nachweislich existiert oder geschehen ist [1]. Ein Fakt ist mit der Wahrheit gleichsetzbar und vertritt die Realität.

Fiktion

Im Gegensatz dazu steht die Fiktion, welche etwas Ausgedachtes, nicht Reales und nur in der Vorstellung Existierendes beschreibt[2]. Im Unterschied zum Fakt hat die Fiktion keinen Wahrheitsgehalt und basiert auf Erfindungen und Fantasie.

Ausführliche Informationen zu den Begriffen

Das Phänomen des Klimawandels wird in zahlreichen Texten unterschiedlicher Genres erklärt, dargestellt oder thematisch verarbeitet. Dabei muss zwischen der Non-Fiction und Fiction unterschieden werden; also zwischen den literarischen Ausführungen, welche der Sachliteratur oder Fachliteratur zuzuordnen sind und solche, die nicht dieser Kategorie angehören. Dieser Artikel befasst sich mit der Klimaliteratur, also der Fiction. Die Literatur innerhalb der Kategorie Fiction verfolgt vordergründig das Ziel, zu unterhalten bzw. alternative Realitäten zu erproben, anstatt reine Fakten zu vermitteln. Um den fiktiven Status eines literarischen Werkes für Leser zu kennzeichnen, werden in der Regel Fiktionssignale eingesetzt: „Unter Fiktionssignalen werden im Allgemeinen Phänomene verstanden, die auf mehr oder weniger eindeutige Weise anzeigen oder nahe legen, dass ein Text fiktional ist.“[3] Zu diesen Signalen gehören unter anderem eine von den Autor*innen vorgenommene spezifische literarische Zuschreibung des eigenen Werkes, wie z.B. ‚Roman‘, ‚Drama‘, ‚Gedicht‘ o.ä. Im Bereich der Fiction hat die Klimaliteratur bereits einen eigenen Gattungsbegriff erhalten, die Climate Fiction (aus dem Englischen, zu Deutsch: Klima-Fiktion). Ausgehend von dieser Tatsache gilt es zu überlegen, wie die Begriffe Fakt und Fiktion innerhalb eines rein-fiktionalen Kontextes auszulegen sind, und ob ein Fakt als solcher innerhalb dieses Kontextes noch so genannt werden darf.

Im Metzler Lexikon für Literatur wird Fiktion folgendermaßen definiert: „[…] Auf lit. Texte bezogen der imaginäre Status der dargestellten Figuren, Orte und Ereignisse, insofern diese keine direkte Korrespondenz in der Realität besitzen.“ [4]

Ein Protestschild mit den Worten “There is NO Planet B” wird hochgehalten.

Basierend auf dieser Definition können Fakt und Fiktion nicht explizit voneinander getrennt angesehen werden. Viel mehr lässt sich von einem Übergang sprechen, bei dem Fakten in die Fiktion in Form von fiktionalen Darstellungen einfließen: „In fiktionaler Lit. […] können sich fiktive mit realen Elementen vermischen. Das gilt bes. für Gattungen an der Grenze zwischen Faktum und F. wie den ä historischen Roman oder das Dokumentartheater [AM6] […], aber auch für viele andere Werke, welche fiktive Ereignisse schildern, die sich an realen Orten zutragen […].“ [5] So greift zum Beispiel das Junge Theater Göttingen das Thema ‘Fridays For Future’ auf. ‘Fridays For Future’ ist eine globale Protestbewegung von Schüler*innen und Studierenden, die sich für den Erhalt und die Rettung des Planeten einsetzt. Das Junge Theater Göttingen setzt sich mit dieser Thematik im Theaterstück ‘fridays. future.’ auseinander und schafft somit eine fiktionale Darstellung der weltweiten Proteste im Dokumentartheater. Im Bereich der Climate Fiction ist dieses Prinzip mehrfach auf ähnlich umgesetzte Art und Weise anzutreffen. Charakteristisch für die Climate Fiction sind unter anderem verschiedene Figurentypen, die häufig anzutreffen zu sind. Dazu zählt die Rolle des Charakters, welcher sich der anstehenden Klimakrise bewusst ist und versucht, den Rest der Erdbevölkerung davor zu warnen und ihr die Dringlichkeit der Situation bewusst zu machen. Diese Position wird unterschiedlich besetzt, immer wiederkehrend aber sind es Wissenschaftler oder Journalisten, welche diese Rolle einnehmen, also jene Berufsgruppen, die auch in der realen Welt vor dem Klimawandel und dessen Folgen warnen und über ihn berichten.

Detaillierte Analyse des Gegensatzpaares anhand ausgewählter Beispiele aus der Klimaliteratur

Ein Albinoeichhörnchen im Geäst.

In der Klimawandelliteratur sind häufig Szenarien zu finden, in denen der Klimawandel bereits stattgefunden hat. Der Klimawandel bzw. ein daraus resultierender Kollaps ist in diesen Fällen nicht Teil der Handlung, sondern der Leser wird mit dem sich daraus resultierenden Ergebnis konfrontiert, welches sich häufig als einschneidende Veränderung für die Menschheit und den Planeten darstellt. Ein Beispiel dafür stellt die Welt in „Milchzähne“ von Helene Bukowski dar. Die Charaktere aus „Milchzähne“ leben zunächst in einer Landschaft, die in beständigen Nebel eingehüllt ist. Eines Tages jedoch lichtet sich der Nebel und wird fortan durch beständigen Sonnenschein ersetzt, welcher die Natur und Lebenswelt der Charaktere massiv verändert: im Laufe der Zeit vertrocknet die Landschaft zunehmend, die ansässigen Tiere bleichen über die Jahre aus, teilweise stürzen Möwen angekohlt aus dem Himmel zu Boden. Zunächst sind die Hauptcharaktere durch die Naturveränderungen nicht sonderlich beeinträchtigt. Sie haben während der Zeit des Nebels Essensvorräten angelegt und haben gelernt, zu Selbstversorgern zu werden, indem sie den Garten hinter dem Haus bewirtschaften und sich Kaninchen halten. Doch je länger die Dürreperiode anhält, desto weniger Ertrag bringt der Garten, und auch die Ländereien der Nachbarn bringen immer weniger Ernte ein. Die Wetterveränderung stellt nach und nach eine ernsthafte Bedrohung für die Anwohner dar.

(Auch die „Maze Runner“-Reihe von James Dashner erzählt von einer post-apokalyptischen Welt, in der die Charaktere ebenfalls den Folgen einer starken Naturveränderung ausgesetzt sind. In Dashners Romanen verändert sich die Welt der Menschen nach einer Reihe von Sonneneruptionen, welche die Erde massiv beschädigen. Ganze Lebensregionen der Menschen werden von der Erde gebrannt. Die von den Sonneneruptionen unbeschädigten Länder haben mit den Konsequenzen zu kämpfen, die sich in der Form von Feuerstürmen, Tsunamis und extremer Hitze zeigen. Das Endergebnis ist eine neue Wüste, welche sich durch den gesamten Bereich des Äquators zieht; eine durch Wetterkatastrophen gänzlich veränderte Erde. )

Ein ähnliches Geschehen ist in „Die Tribute von Panem – Tödliche Spiele“ von Suzanne Collins beschrieben:

„[Der Bürgermeister] erzählt aus der Geschichte von Panem, dem Land, das aus den Trümmern dessen erstand, was einst Nordamerika genannt wurde. Er zählt die Katastrophen auf, die Dürren, die Stürme, die Feuersbrünste, erzählt von dem anschwellenden Meer, das so viel Land geschluckt hat, und erinnert an den brutalen Krieg um die wenige verbliebene Nahrung.“[6]

Die Welt, in der sich die Charaktere von Suzanne Collins behaupten müssen, beschreibt eine Dystopie, in der Hunger und Nahrungsnot konstante Faktoren sind. Während in „Die Tribute von Panem“ die Ursachen für diese Hungersnöte vordergründig durch das bestehende politische System verursacht werden und sich während des Handlungsverlaufs wenige Hinweise dafür finden lassen, dass Klima, Wetter oder die Natur im Allgemeinen für die Hungersnöte verantwortlich sind, so gibt der zitierte Ausschnitt doch einen Einblick in die Umweltkatastrophen, welche der Menschheit in Collins Roman massiv zugesetzt haben.


Eine Nachbarschaft steht unter Wasser.

Die beschriebenen Katastrophen erinnern an die realen Wettereignisse des 21. Jahrhunderts. Allein in den letzten zwanzig Jahren hat die Anzahl an Umweltkatastrophen beachtlich zugenommen. Zwischen 1980 und 1999 kam es weltweit zu 1.389 aufgezeichneten Überschwemmungen. Die Anzahl der zwischen 2000 und 2019 aufgezeichneten Überschwemmungen weltweit ist fast zweieinhalb mal so hoch und liegt bei 3.254 [7]. Während bei Überschwemmungen der höchste Anstieg zu in diesem Zeitfenster zu beobachten ist, ist Hochwasser nicht die einzige Naturkatastrophe, welche in ihrer Häufigkeit zugenommen hat. Das gleiche lässt sich bei anderen Ereignissen wie z.B. bei Stürmen nachweisen, welche einen Anstieg von 1.457 auf 2.043 verzeichneten, und für extreme Temperaturen, welche statt 130-mal 432-mal nachgewiesen werden konnten. Naturkatastrophen sind durch ihre zunehmende Häufigkeit also längst keine Seltenheit mehr. Dieser Fakt der empirischen Welt, wird von Autoren und Autorinnen genutzt, um ausgehend von dieser Grundlage fiktionale Dystopien zu schaffen, die für den Leser aufgrund seines lebensweltlichen Bezugs nachvollziehbar ist: „‘Klimawandelliteratur‘ […] nutzt das Experimentierfeld der Fiktion, um sich mit der konkreten Erfahrung des anthropogenen Klimawandels, seinen Ursachen und seinen bereits realen wie in der Zukunft möglichen Auswirkungen auseinanderzusetzen.“[8] Basierend auf bekannten Elementen – in diesem Fall Wetter-, Klima- und letztendlich Weltveränderungen – sind die fiktional weitergeführten Welten für den Leser als nachempfindbarer gestaltet und erlauben dem Leser dadurch ein Probehandeln innerhalb der literarischen Welten.

Fazit

Zusammengefasst werden in der Klimawandelliteratur den Rezipient*innen bekannte, real existierende oder geschehene Begebenheiten genutzt, um eine Grundlage zu schaffen, auf der im weiteren Verlauf aufbauend fiktiv weitergesponnen werden kann. Der Begriff ‚Fakt‘ im Kontext der Fiction erfährt also eine Legitimierung dadurch, dass die beschriebenen Figuren, Orte oder Ereignisse eine direkte Entsprechung in der Realität besitzen. Obwohl also Fakt und Fiktion grundsätzlich als Gegensatz zu verstehen sind, sind die Begriffe in der Klimawandelliteratur nicht einfach voneinander getrennt anzusehen, sondern als Gemisch anzusehen, bei dem die Begriffe voneinander abhängig sind und aufeinander aufbauen.

Belege

  1. Duden/Dudenredaktion (o. J.) (2022): Faktum. In: Duden. Online, zuletzt abgerufen am 03.01.2022.
  2. Duden/Dudenredaktion (o. J.) (2022): Fiktion. In: Duden. Online, zuletzt abgerufen am 03.01.2022.
  3. Zipfel, Frank (2014): Fiktionssignale. In: Klauk, Tobias; Köppe, Tilmann (Hrsg.): Fiktionalität. Ein interdisziplinäres Handbuch, Berlin, Boston: De Gruyter, S. 97 f.
  4. Schweikle, Günther; Schweikle, Irmgard: [Lemma] Fiktion. In: Burdorf, Dieter; Fasbender, Christoph; Moennighoff, Burkhard (Hrsg.): Metzler Lexikon. Begriffe und Definitionen, Stuttgart, Weimar: J. B. Metzler (2007), S. 239.
  5. Schweikle, Günther; Schweikle, Irmgard: [Lemma] Fiktion. In: Burdorf, Dieter; Fasbender, Christoph; Moennighoff, Burkhard (Hrsg.): Metzler Lexikon. Begriffe und Definitionen, Stuttgart, Weimar: J. B. Metzler (2007), S. 239.
  6. Collins, Suzanne (2009): Die Tribute von Panem. Tödliche Hungerspiele. Hamburg: Friedrich Oetinger GmbH, S. 23.
  7. CRED; UNDRR (2020): Anzahl an Naturkatastrophen weltweit in den Zeiträumen 1980 bis 1999 und 2000 bis 2019. In: Statista. Online, zuletzt abgerufen am 08.01.2022.
  8. Mayer, Sylvia (2015): Klimawandelroman. In: Dürbeck, Gabriele; Stobbe, Urte (Hrsg.): Ecocriticism - eine Einführung, Köln: Böhlau Verlag, S. 234.



Autor*innen

Im Sommersemester 2024 haben Tuba Nur Ceviz, Zara Ceviz, Jasmin Engler, Melissa Görzen, Sarah Hagelstein, Hannah Kuhlmann, Tim Schade, Johannes Siebert, Felix Thielemann, Sarah Weinfurter und Christina Wiemers an dem Seminar "Die Sprache der Klimawandel: Klima und Campus" (Leitung: Felix Böhm) teilgenommen und damit das Projekt KLICK – Klimacampus Kassel samt seiner Teilprojekte gestaltet und durchgeführt. Auch an der Entstehung dieses Textes waren sie maßgeblich mitbeteiligt. Die Erstfassung dieses Artikels geht auf eine Vielzahl von Textbausteinen der Teilnehmenden zurück, die Felix Böhm zusammentrug und ergänzte. Die Versionsgeschichte gibt daher nicht die gesamte Entstehung des Artikels wieder und listet auch nicht alle beteiligten Autor*innen als User*innen.



Zitiervorlage: Böh, Felix et al. Werkstatt (2020). In: Böhm, Felix; Böhnert, Martin; Reszke, Paul (Hrsg.): Climate Thinking – Ein Living Handbook. Kassel: Universität Kassel. URL=https://wiki.climate-thinking.de/index.php?title=Benutzer:Paula Kramm/Werkstatt, zuletzt abgerufen am 22.11.2024.


Definition der Begriffe

Utopie

Die Utopie spiegelt eine imaginäre Welt wider, in der alle negativen Dinge, wie Gebrechen, Unglück und Ungerechtigkeit, in etwas Gutes verwandelt werden. Es gibt in der utopischen Welt keine bösen Menschen oder Dinge. Sie ist ein “Ideal ohne Grundlage, ein undurchführbar scheinender Plan” [1]. Sie ist das Ideal der Gesellschaft und nur in der literarischen Welt zu erreichen. Aus der griechischen Herkunft “ou” (nicht) und “tópos” (Platz, Stelle), lässt sich „Nichtland“, bzw. „Nirgendwo“ herleiten [2]

Dystopie

Die Dystopie ist “eine fiktionale, meist in der Zukunft spielende Geschichte, mit negativem Ausgang” [3]. Sie stellt eine düstere und nicht wünschenswerte Welt dar. Somit ist sie der Gegensatz zu der Utopie und wird daher auch Anti-Utopie genannt. Die Herkunft des Wortes ist der Tópos aus dem Griechischem, was so viel wie Platz und Stelle bedeutet [4]


Ausführliche Informationen zu den Begriffen

Der Begriff der Utopie hat seinen Ursprung in der griechischen Antike im Idealstaat Politeia und galt dort als das Ideal. Er wurde geprägt durch den Roman Utopia (1516) von Thomas Morus. In dem Roman geht es um den Entwurf einer idealen Gesellschaft, die in einer solchen Form nicht realistisch war. Es gab keinen Privatbesitz, wichtiger ist das Allgemeininteresse, es gibt eine "harmonische Einbindung des Individuums in eine staatliche Ordnung" [5],überall herrschte Gleichberechtigung. Somit stellte dieses Werk eine Kritik gegenüber der vorherrschenden Gesellschaft dar, [6]. Heute wird die Utopie vor Allem in dem neuen Genre der Klimaliteratur verwandt und behandelt weitestgehend die Zukunft der Gesellschaft. Sie stellt eine alternative, ideale Gesellschaftsform dar, die ein Vorgriff auf eine totalitär organisierte Gesellschaft ist. Der Roman spielt meist an einem Ort und in einer Zeit weit entfernt der Gegenwart der Autor*innen. Diese*r muss nicht daran glauben, dass die ideale Ordnung realisierbar wäre, jedoch machen Utopien, durch ihre gezielt dargestellte perfekte Gesellschaft deutlich, was in der realen Gesellschaft geändert werden sollte. Missstände und Widersprüche werden sichtbar gemacht. Es lässt sich somit sagen, dass Utopien zum politischen Nachdenken und Handeln anregen sollen, und somit Teil des politischen Felds sind. Einige Utopist*innen waren gewollt ihre Utopie zu verwirklichen, wie beispielsweise Ernest Callenbach, der seinen Roman Ecotopia (1975) als ein explizites politisches Projekt verstand [7]. Utopien behandeln die Zukunft oder die alternative Gegenwart der gesamten Gesellschaft als Eins, wobei keine Unterteilung in einzelne Gruppen oder Personen existieren. Ein typisches utopisches Idealbild der Klimaliteratur ist das gute Verhältnis zwischen dem Menschen und der Natur. Sie beeinflussen einander nicht negativ und leben im Einklang miteinander, was im Gegensatz zur Realität steht.

Dystopien lassen sich der suicidal prophecy zuordnen, was so viel bedeutet, wie die Verhinderung eines Ereignisses durch dessen Ausformulierung. Somit interveniert die Literatur durch ihre Werke in das aktuelle politische Geschehen [8]. In dystopischen Werken lässt sich meist eine weit fortgeschrittene Technik wiederfinden, die in der Gegenwart kaum realisierbar ist. Diese Technisierung aller Lebensbereiche soll aufmerksam darauf machen, was sie für drastische Folgen haben kann. Neben dem technischen Fortschritt ist die Gesellschaft vor allem von großen Klassenunterschieden, Überwachung, sowie fehlender Freiheit und Ungerechtigkeit geprägt. Die Klassen zeigen enorme Unterschiede auf, sodass sich die unteren Klassen nur mit großer Not Nahrung leisten können, während die oberen Klassen finanziell abgesichert sind und oft verschwenderisch mit Ressourcen umgehen. Eine Mittelschicht gibt es oftmals nicht. Eine kleine Gruppe der hohen Schicht hat die Macht über die restliche Bevölkerung und nutzt diese zur Unterdrückung dieser [9]. Ein weiteres Merkmal ist das des aufstrebenden Protagonisten, der sich gegen die Missstände auflehnt und das Gute zurück in die Gesellschaft bringen will. Ein handlungsauslösendes und -leitendes Element von Dystopien ist eine explizite und kritische Umweltsituation. Dieses wird genutzt, um gesellschaftskritisches Denken und Handeln anzuregen und somit über gesellschaftliche Missstände aufzuklären [10]. Besonders in der Klimaliteratur und in Katastrophenszenarien der Populärliteratur wird die Dystopie oft als literarisches Mittel genutzt, um die Menschen anzuregen, gegen den Klimawandel zu handeln [11]

Dystopische Landschaft.

Obwohl die Utopie und Dystopie ein drastisches Gegensatzpaar darstellen, werden sie stilistisch häufig zusammen eingesetzt. Dennoch überwiegt häufig der dystopische Teil. Oft wird ein Wandel der Welt, von einer Utopie zur Dystopie, beschrieben und dabei auf den Klimawandel eingegangen. Sie lassen sich dem politischen Feld zuordnen und gelten als Quasi-Repräsentation des Sozialen. Dadurch sollen sie zum Handeln anregen. Insbesondere der Klimawandel ist ein derzeit oft genutztes Motiv der Dystopien. Obwohl sie meist nicht der Wirklichkeit und neutralen Beschreibungen entsprechen, beinhalten diese Texte ein Fachwissen aus den spezifischen Bereichen. Somit können fiktionale Texte weder belegt noch widerlegt werden [12].

Detaillierte Analyse des Gegensatzpaares anhand ausgewählter Beispiele aus der Klimaliteratur

Dystopie

Dystopien hatten innerhalb der letzten Jahre einen elementaren Einfluss auf die Young Adult Literatur und lassen sich zahlreich in dem jungen Genre der climate fiction finden, wie zum Beispiel in dem Roman Maze Runner - Die Auserwählten im Labyrinth (2011) von James Dashner. In diesem Roman werden Jugendliche zu einem Ort gebracht, der einer postapokalyptischen Welt gleicht, was ein elementares Merkmal einer Dystopie ist. Sie können sich nur an ihre Namen erinnern und befinden von da an in einer Welt, in der sie sich selbst um Nahrung kümmern und um ihr Überleben kämpfen müssen. Nicht vergleichbar mit der Welt, in der sie vorher lebten. Die Lichtung, auf der sie wohnen, befindet sich neben einem großen Labyrinth, welches von hohen Wänden aus Beton begrenzt und nachts von tödlichen Tieren, den Griewern, besucht wird. Die Jugendlichen suchen tagtäglich nach dem Ausgang und riskieren somit jeden Tag getötet zu werden. "Die Lage hier ist ernst und bald wird sie noch viel schlimmer für dich werden." [13]

Als die Lieferung von Baustoffen und Vorräten ausbleibt, wird das dystopische Ausmaß deutlich. Dass dieser Roman auch den Klimawandel behandelt, wird augenscheinlich, als herauskommt, dass eine Organisation hinter der tödlichen Erfahrung steckt, die nach einem Heilmittel für die Seuche “Der Brand” sucht, welche nach einer Klimakatastrophe aufgetreten ist. Durch starke Sonneneruptionen wurden einige Teile der Welt zerstört und viele Menschen sind gestorben. “Nach der Zerstörung der Ökosysteme war die Krankheit nicht mehr aufzuhalten - oder auf Südamerika zu beschränken. Die Urwälder waren weg, aber die Insekten waren noch da. Jetzt nennen es die Leute ‘Den Brand’. Es ist eine fürchterliche Seuche nur die Reichsten können behandelt, aber keiner geheilt werden.” [14]

Hieran lassen sich typisch dystopische Merkmale erkennen. Es spielt in einer uns unbekannten Welt, vermutlich in der Zukunft, da von Technologien erzählt wird, die heute noch unbekannt sind. Des Weiteren wird von einer Welt erzählt, die das Gegenteil unserer heutigen Welt widerspiegelt. So müssen die Menschen um ihr Überleben kämpfen und haben keinen unbegrenzten Zugang mehr zu Ressourcen. Der Kampf um das Überleben, was einer der zentralen Aspekte der Dystopie ist, wird hier durchgehend beschrieben, innerhalb und auch außerhalb des Labyrinths. “Versuch einfach am Leben zu bleiben und nicht ins Gras zu beißen, okay?" [15]. Auch, dass nur die Reichen behandelt werden können, entspricht dem Bild der Kluft zwischen den Klassen, sowie das Eingrenzen oder sogar Verwehren der Freiheit der Menschen dem typisch dystopischen Bild der Unterdrückung.

Ebenso lassen sich in dem Band Die Tribute von Panem - Tödliche Spiele der Trilogie Die Tribute von Panem von Suzanne Collins dystopische Endzeitszenarien finden. So wurde die Gesellschaft nach Zerstörung der Natur umgeordnet und gleicht nun einer Diktatur. Menschen werden durch andere, sozial gehobenere Menschen ausgebeutet [16]. Der Spielort in Die Tribute von Panem ist ein Nordamerika der Zukunft. Die Handlung setzt in einer Zeit an, in der die Population der Erde durch den Klimawandel und die daraus resultierenden Kriege stark ausgedünnt wurde und nun in einer Welt lebt, welche nicht mehr der heutigen gleicht. Die Gesellschaft besteht aus 12 Distrikten und dem über die Distrikte herrschendem Kapitol.

Hieran lassen sich zahlreiche Merkmale einer Dystopie finden. So teilt sich die Gesellschaft in zwei, Reich und Arm. In diesem Fall in das Kapitol und die Distrikte. Der Dystopie entsprechend unterdrückt eine Minderheit den Rest der Bevölkerung, wodurch starke Klassenunterschiede entstehen. Der überwiegende Anteil der Menschen lebt in Armut während die Herrscher*innen dies ignorieren: “Distrikt 12, in dem Menschen gefahrlos verhungern können.” [17]. Ein weiteres dystopisches Merkmal lässt sich an Katniss Everdeen, der Protagonistin, erkennen. Diese lehnt sich durch ihren Sieg zusammen mit Peeta, ihrem Distriktpartner und Verbündeten während der Hungerspiele, gegen das Regime auf und wird so zur Freiheitskämpferin. Sie sorgt dadurch für eine Revolution der Unterdrückten. Außerdem diente Katniss auch außerhalb der Fiktion als Vorbild, denn sie stand für ihre Meinung ein und ließ sich nicht von der Gesellschaft beeinflussen. So gingen viele Menschen auf Demonstrationen und trugen Spotttölpel bei sich, die das Symbol des Widerstands und der Auflehnung in Die Tribute von Panem sind [18]. Als das einzig Positive einer Dystopie lässt sich in Panem die weit fortgeschrittene Technik nennen, die sich zum Beispiel in der Kuppel der Hungerspiele oder auch durch künstlich erstellte Tiere und Naturschauspiele äußert. Im Allgemeinen sind im Kapitol technische Fortschritte zu beobachten, die den Distrikten weit voraus sind.

Weiterhin lässt die Spaltung der Gesellschaft in Collins Roman auch eine Kritik ebendieser Spaltung erkennen. So werden in diesem Roman die teils korrupten Machtverhältnisse und Klassenunterschiede der realen Welt widergespiegelt. Die Autorin Suzanne Collins nannte als Aufhänger ihres Buches das Bewusstwerden darüber, dass auf der einen Seite in den Nachrichten über Kriege berichtet wird, auf der anderen Seite hingegen weitergeschaltet werden kann zu Sendungen, mit denen viel Geld verdient wird und in denen Kriegsthemen auf komödiantische Art und Weise behandelt werden. So werden auch in Die Tribute von Panem die Hungerspiele im Fernsehen übertragen, wobei das Leid der Einen für die Belustigung und Bereicherung der Anderen sorgt [19]. Auch hier lässt sich neben der Kritik an der Gesellschaftsteilung eine Kritik an dem Umgang der Menschheit mit dem Klima erkennen. Denn die Diktatur, wie sie in Panem herrscht, sowie die Armut und Hungersnot sind nur durch Naturkatastrophen und daraus resultierende Kriege entstanden. „Er erzählt aus der Geschichte von Panem, dem Land, das aus den Trümmern dessen entstand, was einst Nordamerika genannt wurde. Er zählt die Katastrophen auf, die Dürren, die Stürme, die Feuersbrünste, erzählt von dem anschwellenden Meer, das so viel Land geschluckt hat und erinnert an den brutalen Krieg um die wenige verbliebene Nahrung“ [20]

Verdorrte und ausgetrocknete Gegend.

Ein weiteres Beispiel einer postapokalyptischen Welt ist Helene Bukowskis Roman Milchzähne (2019). Diese Dystopie spielt in einer abgeschotteten Welt, in der die Protagonistin Skalde mit ihrer Mutter Edith zusammen wohnt. Skalde und Edith, sowie die dort lebenden Menschen müssen sich selbst versorgen, ein Unterfangen, welches mit der Zeit und dem voranschreitenden Klimawandel immer schwieriger wird. Die einzige Brücke, die über den großen Fluss und heraus aus dem Gebiet führt, in dem Skalde lebt, wurde abgerissen, weshalb es kein Entkommen aus dieser Welt gibt. Dass es sich hierbei um eine Dystopie des Klimawandels handelt, zeigt sich an Skaldes Naturbeschreibungen. Sie erzählt, dass das Klima früher kalt und feucht war und es sich nun rapide zu einer trockenen Hitze entwickelt. Die Tiere fungieren als Zeichen des sich verändernden Klimas:, Sie verlieren ihre Farbe oder Möwen fallen mit verkohlten Flügeln aus dem Himmel [21]. Dadurch, dass sich das Klima stark verändert hat, müssen die Bewohner mit ständigem Mangel an Nahrung leben: „Niemand weiß, ob wir von ihnen [den Tieren] krank werden, aber unser Hunger ist größer als unsere Furcht.“, „Ich habe dir erzählt, dass sie nur noch blühen und die letzte Ernte über ein Jahr her ist.“ [22]. Auch hieran werden die Ausmaße der Dystopie deutlich, denn die Menschen wollen vor allem ihr eigenes Überleben schützen und möchten nur ungern teilen. Ein weiteres typisches dystopisches Merkmal ist, wie auch in Tribute von Panem, die sich auflehnende Protagonistin. Skalde durfte zunächst nie das Grundstück verlassen, doch nach einiger Zeit bricht sie diese Regel. Bald darauf findet sie im Wald ein einsames Kind, welches sich als Meisis vorstellt und nimmt es bei sich auf. Entgegen dem Willen aller Bewohner*innen der 'Gegend', die Meisis aufgrund ihrer Fremdartigkeit verbannen wollen, kümmert sich Skalde um sie und beschützt sie. „Ich ergebe mich nicht, denn ich habe nichts zu verlieren.“ [23]. Skalde möchte sich nicht der bestehenden Gesellschaftsform hingeben, stattdessen sie steht dafür ein, auch Fremden, Andersartigen eine Chance zu geben.

Utopien

Während sich reine Utopien nur schwer in der Literatur finden lassen, existieren jedoch in nahezu literarischen Text utopische Aspekte, die sich herausstellen lassen. So sind zum Beispiel in Maze Runner utopische Momente finden. Bevor die regelmäßige Lieferung der Lebensmittel ausbleibt, leben die Jugendlichen, einer Utopie entsprechend, in ihrer eigenen, geschlossenen Welt, in der jeder seine fair verteilten Aufgaben hat, diesen geflissentlich nachkommt und sich somit eine zusammenhaltende Gruppe bildet. Jeder bekommt genug zu essen und niemand lebt im Überfluss, somit können keine Ungerechtigkeiten entstehen. “ Einmal in der Woche kriegen wir Material, Klamotten, etwas Essen. Viel brauchen wir hier nicht - wir können uns auf der Lichtung ganz gut selbst versorgen.” [24]. Das utopische Moment ist jedoch vürüber, nachdem die sonst gelieferten Essensrationen ausbleiben und die Jugendlichen zunehmend in einer ständigen Feindschaft zueinander leben.

Ähnliches ist auch in Milchzähne zu beobachten, denn Skalde, die im Gegensatz zu ihrer Mutter lange optimistisch bleibt, denkt, dass die ausgrenzende Gesellschaft nach einiger Zeit Meisis akzeptieren wird, auch wenn die Gemeinschaft wiederkehrend deutliche Zeichen gibt, dass dies nicht geschehen wird. Es ist ein utopisches Bild, an das Ideal der Gesellschaft zu glauben und daran, dass jede*r gleichberechtigt ist. „Ich wollte Edith beweisen, dass sie unrecht hatte und fasste den Entschluss, das Kind mit zu Eggert zu nehmen. Ich glaube, Eggert sei ein guter Anfang.“, „Niemand will das Kind, weißt du. Warum setzt du dich einfach darüber hinweg?“ [25]. Dieses entspricht einem unrealistischen Bild der Zukunft, da es deutliche Anzeichen im Text gibt, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen kann. Auch der Gedanke Skaldes, dass es auf der anderen Seite des Flusses noch die Chance auf zukunftsfähiges Leben gibt, scheint einer utopischen Vorstellung zu entsprechen, da es nicht realistisch ist, dass sich der Klimawandel nur lokal, also nur an einem bestimmten Ort vollzieht.

Werden in Tribute von Panem nur die Bewohner des Kapitols betrachtet, kann auch dort von einer Utopie gesprochen werden. Das Kapitol ist eine, von den Distrikten abgeschottete, andere Welt, in der die Menschen viel Geld haben und es ihnen an nichts fehlt. Sie leben in einer in sich geschlossenen Gesellschaft und für die, die dort leben, wirkt es wie ein Paradies. Das Kapitol selbst stellt ganz Panem fortwährend als Paradies dar und ignoriert ostentativ, dass sich die Mehrheit der Bewohner in den Distrikten kaum Nahrung leisten kann: „Das Ergebnis war Panem mit einem strahlenden, von dreizehn Distrikten umgebenen Kapitol, das seinen Bürgern Frieden und Wohlstand brachte“ [26].

Fazit

Alles in allem wird deutlich, dass zur heutigen Zeit eine Vielzahl an Romanen existiert, die Dystopien behandeln. Es geht in diesen Werken darum, die Gesellschaft, also die Rezipient*innen, auf die aktuellen Missstände hinzuweisen und sie zum Handeln anzuregen. Die analysierten Beispiele zeigen auf, wie es in der Zukunft aussehen könnte, wenn die Menschheit nicht jetzt beginnt, etwas an ihrem Verhalten in Bezug auf ihre Umwelt zu ändern. Dies ist auch ein Grund, warum Dystopien gerade der „climate fiction“ in einer Vielzahl zugeordnet werden können. Um dieses drastisch deutlich zu machen, überwiegen die Dystopien, und reine Utopien sind hingegen selten anzutreffen. Jedoch sind an vielen Stellen utopische Aspekte zu finden, was darauf zurückgeführt werden kann, dass es der Wunsch der Menschen ist, auch in einer düsteren Zukunft Positives finden zu können. Insgesamt sind Dystopien und Utopien literarische Genres, die sich dem Politischen zuordnen lassen und genutzt werden, um etwas in der Welt zu ändern, trotz, oder gerade wegen der fehlenden Belegbarkeit.


Belege


Autor*innen

Im Sommersemester 2024 haben Tuba Nur Ceviz, Zara Ceviz, Jasmin Engler, Melissa Görzen, Sarah Hagelstein, Hannah Kuhlmann, Tim Schade, Johannes Siebert, Felix Thielemann, Sarah Weinfurter und Christina Wiemers an dem Seminar "Die Sprache der Klimawandel: Klima und Campus" (Leitung: Felix Böhm) teilgenommen und damit das Projekt KLICK – Klimacampus Kassel samt seiner Teilprojekte gestaltet und durchgeführt. Auch an der Entstehung dieses Textes waren sie maßgeblich mitbeteiligt. Die Erstfassung dieses Artikels geht auf eine Vielzahl von Textbausteinen der Teilnehmenden zurück, die Felix Böhm zusammentrug und ergänzte. Die Versionsgeschichte gibt daher nicht die gesamte Entstehung des Artikels wieder und listet auch nicht alle beteiligten Autor*innen als User*innen.



Zitiervorlage: Böh, Felix et al. Werkstatt (2020). In: Böhm, Felix; Böhnert, Martin; Reszke, Paul (Hrsg.): Climate Thinking – Ein Living Handbook. Kassel: Universität Kassel. URL=https://wiki.climate-thinking.de/index.php?title=Benutzer:Paula Kramm/Werkstatt, zuletzt abgerufen am 22.11.2024.

  1. Dudenredaktion (o. J.) (2022): Utopie. In: https://www.duden.de/rechtschreibung/Utopie.
  2. Dudenredaktion (o. J.) (2022): Utopie. In: https://www.duden.de/rechtschreibung/Utopie.
  3. Dudenredaktion (o. J.) (2022): Dystopie. In: https://www.duden.de/rechtschreibung/Dystopie.
  4. Dudenredaktion (o. J.) (2022): Dystopie. In: https://www.duden.de/rechtschreibung/Dystopie.
  5. Metzler Lexikon Literatur: Begriffe und Definitionen, Stuttgart: J.B. Metzler'sche Verlagsbuchhandlung & Carl Ernest Poeschel GmbH (2007). In: ProQuest Ebook Central, https://ebookcentral-1proquest-1com-14da9i9hw030b.han.ub.uni-kassel.de/lib/unikassel/detail.action?docID=669379.
  6. Hahn, Marten (2016): literarische Utopien. Vom Paradies zur alptraumartigen Science Fiction.. In: https://www.deutschlandfunkkultur.de/literarische-utopien-vom-paradies-zur-albtraumartigen-100.html.
  7. Bühler, Benjamin & Willer, Stefan (2016): Futurologien, Ordnung des Zukunftwissens. In: Weigel, Sigrid & Barck, Karlheinz (Hrsg.): Trajekte, Paderborn: Fink, S. 298.
  8. Bühler, Benjamin & Willer, Stefan (2016): Futurologien, Ordnung des Zukunftwissens. In: Weigel, Sigrid & Barck, Karlheinz (Hrsg.): Trajekte, Paderborn: Fink, S. 298.
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  10. Wanning, Berbeli & Stemmann, Anna (2015): Ökologie in der Kinder- und Jugendliteratur. In: Stobbe, Urte (Hrsg.): Ecocriticism - eine Einführung, Köln, Weimar, Wien: Böhlau Verlag, S. 265.
  11. Metzler Lexikon Literatur: Begriffe und Definitionen, Stuttgart: J. B. Metzler'sche Verlagsbuchhandlung & Carl Ernst Poeschel GmbH (2007). In: ProQuest Ebook Central, https://ebookcentral-1proquest-1com-14da9i9hw030b.han.ub.uni-kassel.de/lib/unikassel/detail.action?docID=669379.
  12. Lickhardt, Maren & Werber, Niels (2013): Angst.
  13. Dashner, James (2011): The Maze Runner. Hamburg: Carlsen Verlag, S. 16.
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  16. Wanning, Berbeli & Stemmann, Anna (2015): Ökologie in der Kinder- und Jugendliteratur. In: Stobbe, Urte (Hrsg.): Ecocriticism. Eine Einführung, Köln, Weimar, Wien: Böhlau Verlag, S. 264.
  17. Collins, Suzanne (2009): Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele. Hamburg: Friedrich Oetinger GmbH, S. 10.
  18. Jany, Anika (2021): #BookoftheWeek: „Tribute von Panem“ oder: So könnte unsere Welt bald aussehen. In: https://www.wmn.de/lifestyle/entertainment/bookoftheweek-tribute-von-panem-oder-so-koennte-unsere-welt-bald-aussehen-books-suzanne-collins-id299986.
  19. Jany, Anika (2021): #BookoftheWeek: „Tribute von Panem“ oder: So könnte unsere Welt bald aussehen. In: https://www.wmn.de/lifestyle/entertainment/bookoftheweek-tribute-von-panem-oder-so-koennte-unsere-welt-bald-aussehen-books-suzanne-collins-id299986.
  20. Collins, Suzanne (2009): Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele. Hamburg: Friedrich Oetinger Verlag, S. 23.
  21. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau Verlag, S. 15, 27.
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  24. Dashner, James (2011): The Maze Runner. Hamburg: Carlsen Verlag, S. 54.
  25. Bukowski, Helene (2019): Milchzähne. Berlin: Aufbau Verlag, S. 90,101.
  26. Collins, Suzanne (2009): Die Tribute von Panem. Tödliche Spiele. Hamburg: Friedrich Oetinger GmbH, S. 24.