Über Klimawandel nachdenken
Über Klimawandel nachdenken ist eine der drei zentralen Perspektiven, die im Rahmen von Climate Thinking eingenommen werden.
Die Verflechtungen zwischen ökologischen, gesellschaftlichen, politischen, ökonomischen, technischen und wissenschaftlichen Aspekten des Klimawandels stellen die klassische Natur-Kultur-Trennung unter enormen Druck. So muss die tatsachenbasierte Forderung des 1,5-Grad-Klimaziels zu einer Frage nach menschlichen Selbstverständnissen, Naturverhältnissen, Gesellschaftsentwürfen, Diskursmöglichkeiten, Orientierungskonzepten und Technikhoffnungen werden. Bedarf diese neue Frage auch neuer Narrative (siehe: Vom Klimawandel erzählen), die sich jenseits positivistischer Selbstevidenz bewegen, um uns aus dem „planetarischen Schlamassel“[1] zu befreien? Was würde sich an unserem Denken ändern, wenn wir unseren Planeten zwar weiterhin als existenzielle Voraussetzung all unserer Überlegungen und Handlungen begreifen, aber gleichzeitig narrativ berücksichtigen, dass diese Voraussetzung kein überzeitlich Gegebenes mehr ist, sondern zur Disposition steht? In dem Eingangszitat formuliert die Philosophin Rosi Braidotti ihre Forderung nach neuen Ansätzen, Theorien und Methoden eben vor diesem Hintergrund der auf uns zukommenden Welt.[2] Der Wissenschaftsforscher Bruno Latour schlug entsprechend als zentrale Fragen unserer Zeit vor: „Woran hängen Sie am meisten? Mit wem können Sie leben? Wessen Überleben hängt von Ihnen ab? Gegen wen werden Sie kämpfen müssen? Wie lässt sich all das in eine Reihenfolge der Prioritäten bringen?“[3] Taugen diese Fragen dazu, einen neuen Diskussionsrahmen abzustecken (siehe: Über Klimawandel sprechen), der die komplexe Verwobenheit umfänglicher erfassen kann? |
Zentrale Perspektiven und Zugänge
Wissen in der Klimakrise
Unser Wissen in der Klimakrise soll im besten Fall handlungsorientierende Grundlage politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer oder ölkologischer Entscheidungen sein. Gerade weil das Berufen auf Fakten „zwar intuitiv überzeugen [mag, ist es] umso mühevoller [...], sich bewusst zu machen, dass Fakten nur unter je eigenen Voraussetzungen als solche auftreten.“[4] Diese Mühe, zentrale Aspekte von Wissen zu hinterfragen, soll zur Reflexion des Wissens in der Krise – im doppelten Sinne als Krisenwissen und Wissenskrise – befähigen.
Belege
- ↑ Gemeint ist folgendes Zitat: „Our belief that science alone could deliver us from the planetray quagmire is long dead“. Sörlin, Sverker (2012): Environmental Humanities. Why Should Biologists Interested in the Environment Take the Humanities Seriously?. In: BioScience 62(9), S. 788–789, hier S. 788.
- ↑ Braidotti, Rosi; Regan, Lisa (2017): Our Times Are Always Out of Joint: Feminist Relational Ethics in and of the World Today: An Interview with Rosi Braidotti. In: Women: ACultural Review 28(3), S. 171–192, hier S. 180. Online, zuletzt abgerufen am 17.04.2021.
- ↑ Latour, Bruno (2018): Das terrestrische Manifest. Berlin: Suhrkamp, S. 111.
- ↑ Hornuff, Daniel (2017): Wissenschaft im postfaktischen Zeitalter. Sieben Thesen. In: ZiF-Mitteilungen 22(3), S. 68. Online, zuletzt abgerufen am 18.03.2021.